1. Gibt es schon neue Erkenntnisse, warum am Sonntag während des Grand Prix in Silverstone vier Reifen explosionsartig geplatzt sind?

ANTWORT: Pirelli tappt im Dunklen. "Es ist hier etwas Neues passiert, das wir erst analysieren müssen", sagt Sportchef Paul Hembery. Ein neuer, in England erstmals verwendeter Fertigungsprozess beim Verkleben der Reifen habe laut Hembery damit nichts zu tun. Ebenso wenig wie zuerst vermutete scharfe Kanten an den sogenannten Curbs, den Randsteinen. "Unsinn. Das müssen die Reifen aushalten", sagt Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda verärgert. Lauda hatte bereits zehn Tage zuvor die Vermutung geäußert, dass "der Formel 1 in Silverstone ihre Reifen um die Ohren fliegen werden".

2. Hätte man den Grand Prix unter diesen gefährlichen Umständen nicht abbrechen müssen?

ANTWORT: Zumindest hätte man ihn abbrechen können. Was Charlie Whiting, Renndirektor des Automobil-Weltverbandes FIA, auch überlegt hat. Nach dem dritten Reifenplatzer, jenem am Toro Rosso von Jean-Éric Vergne, überlegte Whiting, das Rennen zu stoppen, mit der Reihenfolge zum Zeitpunkt des Abbruchs zu werten und halbe WM-Punkte zu vergeben.

3. Wie reagieren Formel 1 und FIA auf die immer gefährlicher werdende Reifensituation?

ANTWORT: Noch in Silverstone hat FIA-Präsident Jean Todt persönlich Paul Hembery & Mario Isola von Pirelli zu sich zitiert. Morgen, Mittwoch, wird es am Nürburgring im Vorfeld des Deutschland-Grand-Prix einen Krisengipfel mit Pirelli und Vertretern aller elf Rennställe geben. "Ich verstehe nicht, warum die Piloten nicht mehr Druck machen", sagt Niki Lauda. "Ich will nicht weiter mein Leben für Reifen riskieren", sagt Lewis Hamilton.

4. Das Problem mit den Reifen gab es im Vorjahr und es ist heuer seit Saisonbeginn bekannt. Warum wurde nicht reagiert?

ANTWORT: Auch hier gibt es eine Vermutung, die typisch für die Formel-1-Politik wäre. Nach dem Chaos-Rennen mit seinen 80 Boxenstopps Anfang Mai in Spanien hätten spätestens in Montreal (9. Juni) neu entwickelte Reifen angeliefert werden sollen. Das haben jedoch einige Teams abgelehnt. Sie wollten einen eventuellen Vorteil gegenüber Autos, die mit den Reifen besonders große Probleme hatten bzw. haben (u. a. Red Bull), nicht aufgeben.

5. Welche Sofortmaßnahmen sind geplant, um die Gefahr von weiteren Reifenschäden und Unfällen zu mindern?

ANTWORT: Für den Nürburgring am Sonntag lässt sich in der kurzen Zeit nichts ändern. Ab Budapest (28. Juli) könnte man auf neue Reifen oder eventuell sogar auf die zu Saisonende 2012 verwendeten Modelle zurückgreifen. Der im Juli geplante "Young Drivers Test" für Nachwuchsfahrer soll umgeändert und zur Reifenentwicklung von den Stammpiloten der Formel 1 gefahren werden.