Herr Doktor Marko, am Sonntagvormittag schauten Sie noch ziemlich finster drein. Zweckpessimismus? Oder hatten Sie für das Rennen wirklich ein so schlechtes Gefühl?

Helmut Marko: Nein, das Gefühl war wirklich nicht gut. Die Haltbarkeit der Reifen machte uns wieder einmal große Sorgen. Schon am Freitag meinten wir eher, dass das nix wird.

Dass man sich derart irrt, ist aber eher ungewöhnlich?

Marko: Naja, in diesem Fall zum Glück (lächelt wieder). Es war nicht zu fassen. Sebastian (Sieger Sebastian Vettel, Anm.) hat einfach einmal mehr einen perfekten Job hingelegt. Und die Reifen hielten um einiges besser als geglaubt. Am Ende war es sogar ziemlich leicht.

Kann man das in einfachen Worten erklären?

Marko: Vettel ist relativ rasch an Alonso und auch an Rosberg (Poleposition, Anm.) vorbeigekommen, hatte dadurch unerwartet und schon sehr früh freie Fahrt. Da kann man dann wesentlich schonender mit den Reifen umgehen, als wenn man mitten im Pulk um Positionen kämpfen muss. Das haben wir zum Beispiel bei Mark Webber feststellen müssen. Seine Reifen haben genauso abgebaut, wie wir es ursprünglich auf der Rechnung gehabt haben. Am Ende hatte er überhaupt keine Chance mehr, büßte dadurch noch zwei weitere Plätze ein.

Mit der Stärke von Lotus, speziell mit Kimi Räikkönen, haben Sie ja gerechnet?

Marko: Uns war schon lange klar, dass Lotus der schärfste Gegner sein wird. Lotus fürchten wir momentan mehr als Ferrari. Aber wie gesagt, Sebastian konnte vorne wegfahren, während die beiden Lotus relativ weit hinten starten mussten.

Das heißt, Lotus wird heuer Euer schärfster Rivale um den WM-Titel?

Marko: Es sieht derzeit so aus. Aber wir sind erst vier Rennen gefahren. Da kann sich schon noch etwas ändern. Was die Lotus im Rennen so schnell macht, ist uns ein Rätsel.

Eine spezielle Art der Federung, die die Reifen schont?

Marko: Mmmh. Wir wissen es wie gesagt nicht.

Kimi Räikkönen soll ja Mark Webber bei Red Bull ablösen. Gibt es da Konkreteres?

Marko: Nein. Ich habe es schon mehrmals gesagt. Fahrerentscheidungen fallen bei uns frühestens im August. Und das wird heuer auch so sein.

Im Rückblick: War es richtig, dass die Formel 1 in Bahrain gefahren ist? Trotz aller Proteste?

Marko: Da kann man lange diskutieren. Vielleicht war diese Lösung nicht ganz glücklich. Aber protestiert wird in Bahrain auch ohne die Formel 1 und das schon seit mehreren Jahren. Im Grunde lief es doch sehr friedlich ab. Wir hatten überhaupt keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen, unsere Leute sind am Abend in der Stadt unterwegs gewesen und hatten nicht den Funken eines Problems. Wir machen aber nicht den Kalender. Den machen Bernie (Ecclestone, Anm.) und die FIA in Paris.