Die österreichisch-englische Seilschaft namens Red Bull Racing ist das Werksteam von Motorenausrüster Renault, salopp ausgedrückt die Speerspitze des französischen Herstellers. Ausgerechnet das zweite Renault-Team Lotus macht Red Bull, natürlich neben Ferrari und Mercedes, das Leben schwer. Nicht im Qualifying, da lag Räikkönen noch eine knappe Sekunde zurück, aber im Rennen. Ein Rätsel für viele, nicht nur für Red Bull. "Wenn wir das wüssten, hätten wir schon darauf reagiert", meint Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko. "Bei den Long-runs am Freitag waren Lotus und Räikkönen ganz stark, im Rennen werden sie schwer zu schlagen sein." Wegen der Reifenproblematik im Rennen ist das Qualifying heuer nicht entscheidend.

Keine Reifensorgen

Anders als die meisten Teams hat Lotus kaum einmal über die Qualität der Pirellis geschimpft. Irgendwie verstehen es die Lotus-Techniker, am besten mit der Kurzlebigkeit der Reifen umzugehen. Aber warum?

Lotus verfügt über eine ganze Reihe von klugen Köpfen. Keine Stars mit Allüren, keine Technik-Gurus. An der Spitze steht Eric Boullier, ein "Mann des Volkes", wenn gerade in Bahrain diese Beschreibung erlaubt sei. Er hat in Frankreich Aeronautik und Raumfahrt studiert, arbeitete bei verschiedensten GP2-Teams, 2010 holte ihn Gerard Lopez vom Investor Genii Capital, der mit dem Verkauf von Skype zum Milliardär wurde, als Teamchef zu Lotus. Seine Position nimmt Boullier nicht so wichtig. "Schauen Sie, ich bin verantwortlich für 600 Mitarbeiter und die leisten die erfolgreiche Arbeit."

Weichere Federung?

So hat Technikchef James Allison scheinbar ein perfektes Fahrwerk für schwächelnde Pirellis gefunden. Die Konkurrenz vermutet eine weichere Federung beim Lotus, die insgesamt sanfter zu den Reifen ist. Ein Stopp weniger als die Konkurrenz war der Schlüssel zum Auftaktsieg in Melbourne, in China fuhr der Finne sogar mit einem ramponierten Auto aufs Podium.

Und dieser Kimi Räikkönen ist der wichtigste Grund für die Blütezeit bei Lotus. Ein Typ, den die Formel 1 gar nicht will. Er redet nicht viel, die Fotografen verzweifeln bei dem ausdruckslosen Gesicht, Journalisten finden kaum was Druckreifes. Er trinkt und raucht. Mit 32 entzieht er sich dem Vermarktungssystem der Branche, aber er hat das Zeug zum Weltmeister. Kein Wunder, dass der Finne trotz seiner "Fehler" ein sehr gefragter Mann ist.