Nerven Sie eigentlich die Fragen nach der doch ungewöhnlichen Rolle einer Frau an der Spitze eines Formel-1-Teams schon sehr?

MONISHA KALTENBORN: Die nerven mich gar nicht. Ich finde es sogar gut, über das Thema zu reden. Es zeigt, dass es mehr sein sollten, dann würde man nicht drüber sprechen. Es sollte ein Ansporn für alle Frauen und Mädchen sein, ihren Weg auch in anderen, von Männern dominierten Bereichen, zu gehen.

Sie sind ja über den kommerziellen und juridischen Bereich in die Formel 1 gekommen. Wie sehr müssen Sie jetzt als Teamchefin zum Beispiel auch die Technik verstehen lernen?

KALTENBORN: Der Vorteil des Juristen ist es, dass er sich jedem neuen Thema stellen kann und dazu die richtigen Fragen stellt.

Nehmen wir zum Beispiel das Thema Reifen. Sie müssen sich damit beschäftigen. Aber müssen Sie den Reifen auch verstehen?

KALTENBORN: Ich muss den Reifen nicht verstehen. Dazu gibt es, wie für jeden Bereich, Spezialisten. Wichtig ist, dass ich die Basis verstehe, warum und wo unser Auto gut oder nicht so gut ist.

Sie müssen als Frau nicht mehr delegieren, als es vielleicht ein anderer Teamchef muss?

KALTENBORN: Nein, jeder Teamchef hat in anderen Bereichen seine Stärken und hat Bereiche, wo er delegieren muss.

Wenn wir die Phrase von der "Frau am Steuer" strapazieren. Wie oft schreien Sie denn an der Boxenmauer auf und greifen quasi ins Steuer eines Rennens?

KALTENBORN (lacht auf): Also, ich schreie grundsätzlich so gut wie nie. Es wäre auch falsch, wenn ich hier zu sehr reinfunken würde. Wir legen vorher gemeinsam die diversen Szenarien fest. Dann gibt es Personen, die die erforderlichen Entscheidungen treffen. Ich leide da vorne jedenfalls nicht an Aktionismus, dass ich ständig an irgend welchen Knöpfe herumdrücken muss.

Wie oft stehen Sie nach einem Teamchef-Meeting auf und denken sich über den einen oder anderen, Sie verzeihen mir den Ausdruck, "Scheiß Macho"?

KALTENBORN (lacht wieder herzhaft): Das denke ich mir weniger. Aber manchmal denke ich mir: Warum denn so kompliziert? Ich möchte das aber nicht nur der Männerwelt zuschreiben, dass sie kompliziert ist.

Die Formel 1 hat seit jeher das Image des Intrigen-Stadels, der Bühne persönlicher Eitelkeiten und der Polit-Spielchen . . .

KALTENBORN: Es ist sicher eine gewisse Portion von all dem dabei. Aber das ist nichts für unsere Branche Spezielles. Nur bekommt das bei uns eine ganz andere Aufmerksamkeit.

Müssen Sie das ganz zwangläufig mitspielen?

KALTENBORN: Bis zu einem gewissen Grad muss man mitspielen. Wir müssen uns als Team ja genauso positionieren.

Sie haben einmal erzählt, Ihre beiden Kinder rufen Sie an der Rennstrecke regelmäßig an. Sind die alleine schon der Frau Mama wegen Sauber-Fans?

KALTENBORN: Beide sind durch und durch Sauber-Fans. Die Anrufe gibt es nach wie vor. Und genauso die Kommentare. Die übrigens brutal sein können.

Den Vorwurf, eine "Rabenmutter" zu sein, wenn man so wenig Zeit für seine Kinder hat, den machen Sie sich nicht?

KALTENBORN: Ich mache mir große Gedanken. Man verpasst ja viele Momente bei seinen Kindern, die niemals wiederkommen werden. Aber wir nützen eben die Zeit, die wir gemeinsam haben, umso intensiver. Das Verhältnis der Kinder zur Mutter ist einfach ein anderes.