Englische Zeitungen haben geschrieben: "Mercedes needs a Marko, they got a Lauda". Das klingt schon zu Beginn nach viel Misstrauen?

Toto Wolff (lacht auf): Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage, gerade bei der Kleinen Zeitung. Ich habe größten Respekt vor dem Helmut Marko (Red-Bull-Motorsportchef, Anm.). Der eine hat Le Mans gewonnen, der andere war drei Mal Formel-1-Weltmeister, man muss bei den beiden also nichts vergleichen.

Können Sie Niki Laudas Rolle bei Mercedes beschreiben? Ist er derjenige, der Ihnen jeden Tag sagt, wo es lang geht?

Wolff: Nein. Niki ist der Aufsichtsratsvorsitzende. Das ist keine operative Rolle. Er steht uns mit Rat und Tat zur Seite, ist aber nicht im Tagesgeschäft.

Wie groß empfinden Sie denn die Fußstapfen Ihres Vorgängers Norbert Haug?

Wolff (lacht wieder): Vor allem als sehr breit. Nein, Spaß bei Seite. Norbert Haug war 22 Jahre Motorsport-Direktor und Aushängeschild dieser Firma. Wir wissen, wie kritisch Motorsport ist. Er hat das Thema im Konzern hoch gehalten. Ich kann davor nur den Hut ziehen.

Und wie schief hat man Sie am Anfang in eurer Formel-1-Fabrik in England angeschaut?

Wolff (nächstes Auflachen): Ich haben allen gesagt: "Wenn euch im Kreisverkehr jemand auf der falschen Seite entgegen kommt, das bin ich". Nein, nein, es war extrem positiv. Ich bin aber auch sehr direkt und sehr offen auf alle zugegangen.

Die letzten Jahren hinkte Mercedes eher hinterher. Wie kritisch ist die Lage hausintern?

Wolff: Die Situation ist nicht erfreulich. Mercedes hat immer den Anspruch, erfolgreich zu sein. Deshalb muss auch ich den Anspruch haben, die Zukunft erfolgreicher als die jüngste Vergangenheit zu gestalten.

Wie waren jene Momente, als Sie angesprochen und gefragt wurden, quasi der "neue Norbert Haug" zu werden?

Wolff: Ich musste mich einmal hinsetzen. Es ist ja eine Stelle, die nicht ausgeschrieben und nicht jedes Jahr vakant wird. Ich habe mich über Weihnachten zurückgezogen und für mich selbst evaluiert, ob ich das überhaupt will.

Ist Ihr Vertrag befristet? Oder befristen ihn die Rennergebnisse ganz automatisch?

Wolff: Richtig. Erfolge, die kommen oder nicht kommen, bestimmen die Vertragsdauer.

Sie haben gesagt, Ihnen bliebe nicht viel Raum für den Erfolg?

Wolff: Mir bleibt nicht viel Raum für den Misserfolg. Im Konzern gibt es sehr rationale und intelligente Herren, die mein Engagement abwägen.

Sie haben auch Anteile (30 Prozent, Anm.) des Formel-1-Teams übernommen?

Wolff: Ja, weil Mercedes im Rennstall das System ändern wollte. Man wollte einen Mitunternehmer und nicht nur einen reinen Manager.

Nach den schnellen Zeiten bei den Testfahrten haben wir Sie gefragt, ob das so Art "Vorstandszeiten" gewesen seien? Wo steht Mercedes wirklich?

Wolff: Für die Bedingungen bei den Tests waren unsere Zeiten nicht schlecht. Aber dort spult jeder das Programm ab, das er für richtig hält. Wo wir stehen, wissen wir Sonntagabend.

Unter welchen Umständen würden Sie am Jahresende sagen: Es war ein gutes Jahr?

Wolff: Wenn wir als Team, welches vorne mitfahren kann, wahrgenommen werden.

Ihre Frau fährt bei Williams. Wie oft läuft oder besser, fährt ihr euch über den Weg?

Wolff: Wir haben immerhin den Vorteil, dass wir die ganze Welttournee der Formel 1 gemeinsam machen können.

Ihr lebt in der Formel 1 getrennt von Tisch und Bett?

Wolff: Wir leben zwar meist getrennt von Tisch, sehen uns aber am Abend im Bett. Allerdings immer sehr, sehr müde.