Frage: Was ist nach fünf Jahren beim Singapur-GP immer noch das Schwierigste? Antwort: Mit dem Taxi an die Strecke zu kommen. Weil es auch im fünften Jahr dieses Prestigerennens der Formel 1 die Organisatoren, die Stadt und die Taxi-Organisationen noch nicht geschafft haben, das Anfahrstsystem so zu kommunizieren, dass der normale Taxifahrer Bescheid weiß - und sich auch traut, das Ziel "Formel 1" anzufahren.

So gehören die Taxifahrer - und einige Bewohner von Singapur, die sich von den generellen Verkehrseinschränkungen belästigt fühlen - zu den wenigen, die nichts dagegen hätten, wenn der in diesem Jahr auslaufende Fünf-Jahres-Vertrag der Formel 1 mit dem Stadtstaat nicht verlängert würde - was noch nicht geschehen ist, denn Singapur pokert mit F1-Boss Bernie Ecclestone noch ums Geld. Alle anderen, vom Hotel- und Tourismus-Gewerbe bis zu den Teams und Fahrern möchten das Glamour-Rennen unter Flutlicht liebend gern behalten. Anfängliche Probleme und Bedenken, vor allem wegen des ungewöhnlichen Zeitplans, sind längst ausgeräumt, man hat sich angepasst.

Das ganze Fahrerlager lebt trotz sechs Stunden Zeitunterschied weiter nach europäischer Zeit, geht damit zwischen früh um fünf und sechs Uhr Ortszeit ins Bett - und steht gegen, ein, zwei Uhr nachmittags auf. Damit das perfekt funktioniert, begann Sebastian Vettel letztes Jahr damit, überhaupt erst am Donnerstag anzukommen - was Michael Schumacher und Timo Glock in diesem Jahr kopierten. " "Dann ist es am einfachsten, im europäischen Rhythmus zu bleiben", ist Vettel überzeugt.

Und damit das klappt, damit man nicht doch dem natürlichen Gefühl folgt, in der Dunkelheit irgendwann müde zu werden, "was auch ein psychologischer Effekt ist, mit dem wir alle zu kämpfen haben", wie auch Williams-Pilot Bruno Senna bestätigt, muss Beschäftigung her: "Am besten Training", sagt der Brasilianer, "nachts um zwei oder drei ins Gym, das ist hier normal." Vettel hat es in den Vorjahren auch schon mal mit DVD-Schauen probiert, aber auch er kommt zu dem Schluss: Bewegung ist am besten, "dann geht man halt mal nachts schwimmen oder laufen..."

Das einzige Problem: Dann mitten in der Nacht, wenn der Rest der Stadt schläft, etwas zu essen zu bekommen, wobei sich im Laufe der Zeit die wenigen nächtlichen "Futterquellen" allmählich herumsprechen....

Die Teams kommen ihren Piloten in den Tagen vor dem Rennen in der Zeitplanung inzwischen auch entgegen: PR-Termine gegen Mittag oder am frühen Nachmittag, gerade in den ersten Jahren noch ein weit verbreitetes Ärgernis, gibt es fast nicht mehr - da haben alle dazu gelernt, wie in anderen Bereichen auch. Vor dem ersten Nachtevent, 2008, hatten die Fahrerbetreuer zum Teil noch Bedenken, ob die Piloten in diesem "verdrehten" Rhythmus, nach den Trainings noch aufgeputscht vom Adrenalin, überhaupt irgendwann schlafen könnten.

Der damalige Toyota-Arzt Roberto Ceccarelli befürchtete damals im Vorfeld sogar, man müsse vielleicht mit leichten Schlafmitteln nachhelfen. Doch inzwischen sind sich die Physios alle einig: "Das ist überhaupt nicht das Problem, eher eben im Gegenteil - man muss aufpassen, dass man nicht zu früh müde wird und schläft." Nur mit dem "europäischen" Rhythmus sei die Leistungsfähigkeit im entscheidenden Moment voll abrufbar, meint Josef Leberer, früher einmal jahrelang der Betreuer des legendären Ayrton Senna, heute bei Sauber für Kamui Kobayashi verantwortlich. Wobei er eher zu einer früheren Anreise tendiert, "weil man neben der Zeitanpassung ja auch die Klimaanpassung an die extreme Hitze und Feuchtigkeit berücksichtigen muss."

Das Fahren unter Flutlicht macht den meisten Piloten dabei keine besonderen Probleme. Was aber noch keiner weiß: Was passieren würde, wenn es einmal richtig regnet. Letztes Jahr gab es schon einmal ein feuchtes Training, "aber richtigen Regen hatten wir noch nie. Was dann passiert, ist noch ein großes Fragezeichen. Aber dann wird es garantiert noch viel schwerer."

Ansonsten aber liebt er Singapur - wie viele andere. Ob es auch daran liegt, was Bruno Senna festgestellt hat? "Es klingt zwar eigenartig - aber irgendwie ist dieses Rennwochenende sogar entspannter, lockerer, als die anderen. Die reinen Arbeitstage kommen einem kürzer vor, warum auch immer. Und das geht nicht nur mir so, diesen Eindruck haben auch viele andere, zum Beispiel auch die Mechaniker..."