Dieses Bild, diese Szene hatte in jüngster Vergangenheit doch eher Seltenheitscharakter. Da saß doch tatsächlich der Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel locker, scherzend, schmunzelnd am Donnerstagmittag in der Red-Bull-Hospitality, stocherte in einer Salatschüssel und plauderte mit einer Handvoll seiner Techniker. Sonst kommen ja die Fahrer kaum einmal von ihren klimatisierten Separees heraus. Oft sind sie versteckt vor der Öffentlichkeit. Vorbei jedenfalls das ernste, manchmal grantige Gesicht des Deutschen, nach einigen Rückschlägen. Er ist wieder im Rennen. Seit er sich als Zweiter der Kreisfahrt von Spa wie als Sieger fühlen durfte. Weil seine schärfsten WM-Rivalen (Alonso & Hamilton) in einem Aufwasch von Romain Grosjean ins Aus bugsiert wurden. So kann ein Mittagessen als Gradmesser des Wohlfühlfaktors fungieren.

Man müsse mehr angreifen. In diese Richtung gingen die Aussagen des Red-Bull-Teams noch am Spa-Wochenende. Der Druck wuchs, von innen, von außen. Mit dem Qualifying war man nicht besonders glücklich in letzter Zeit. Kein Wunder: 2011 war Vettel zu 15 Polepositions gebraust, heuer brachte er es bislang auf drei. Da schrillten schon die Alarmglocken bei Red Bull. Als die Überlegenheit immer kleiner wurde, seit man den Diffusor am Heck nicht mehr anblasen darf, die angeordnete Versteifung des flexiblen Frontflügels zu Einschränkungen führte.

Aber der Rückstand von Vettel auf Fernando Alonso ist in Spa dennoch geschmolzen. Nur noch 24 Punkte liegt Vettel hinter dem Spanier, in einem einzigen Rennen (bei einem Sieg und gleichzeitigen Ausfall von Alonso) könnte Vettel schon vorne liegen.

Wertschätzungen

Er wolle sich in Monza endgültig zurückmelden im Kampf um die WM. Grund habe man. "Wir sind ein Siegerteam, wir können Rennen gewinnen. Warum sollte das anders sein", meinte auch Motorsportberater Helmut Marko. Schließlich liege man in der Konstrukteurswertung mit 272 Punkten ganz klar vor McLaren (218). Ferrari ist da nur Vierter mit 199. Red Bull genießt weiterhin die Wertschätzung in der Branche.

Auch wenn Alonso McLaren-Mercedes stärker einstuft. "Ich habe in Spa Punkte verloren. Aber hier geben alle bei Ferrari 110 Prozent." Ein Heimsieg soll also her. Und eines fügte Alonso gestern noch hinzu: "Wenn man die letzten Rennen betrachtet, ist McLaren für mich der größere Gegner, Hamilton könnte gefährlicher werden als Vettel."