McLaren-Pilot Oscar Piastri hat beim Grand Prix von Ungarn seinen Premierensieg in der Formel 1 gefeiert. Auch dank einer Stallorder drei Runden vor Rennende gewann der 23-jährige Australier am Sonntag nach einer umstrittenen Boxenstrategie des orangen Rennstalls vor seinem Teamkollegen Lando Norris. Dritter wurde auf dem Hungaroring in der Nähe von Budapest Lewis Hamilton im Mercedes, der von einem Verbremser von Red-Bull-Weltmeister Max Verstappen profitierte.

Der WM-Zweite Norris gab seinen zweiten Grand-Prix-Sieg aus der Hand, nachdem er seinen Teamkollegen in Führung liegend auf Teamgeheiß noch überholen gelassen hatte. Allerdings ging Norris auch erst durch eine fragwürdige Strategie-Entscheidung seines Rennstalles am lange führenden Piastri vorbei. „Danke, ich weiß das zu schätzen“, bedankte sich Piastri, Sprint-Sieger von Katar, am Boxenfunk. „Sehr verdient“, funkte Norris.

„Das Team hat mich gefragt, es zu machen. Also habe ich es gemacht“, sagte Norris, dessen Miene sich bei der entsprechenden Nachfrage mit einem Schlag versteinerte. Zuvor hatte er noch über einen tollen Tag für das Team gesprochen. Sein Teamchef Andrea Stella zeigte Verständnis. „Ich wäre überrascht gewesen, wenn Lando den Platz freiwillig hergegeben hätte. Aber weil Lando ein Teamplayer ist, ist es so ausgegangen“, sagte der Italiener im ORF.

Der hörbar verärgerte Verstappen vergab indes einen sicher geglaubten dritten Platz mit einer Kollision mit Hamilton, der über sein 200. Podium in der Königsklasse jubelte, in der Schlussphase. Der Niederländer verbremste sich in der ersten Kurve und verabschiedete sich mit allen vier Reifen vom Asphalt. Mit etwas Glück blieb der Red-Bull-Bolide funktionstüchtig, Verstappen rettete sich als Fünfter hinter Ferrari-Pilot Charles Leclerc ins Ziel. Sergio Perez, der derzeit um seine Zukunft im Red-Bull-Cockpit fährt, ging nach seinem Qualifying-Crash von Startplatz 16 ins Rennen und belegte nach einer Aufholjagd den siebenten Platz.

Verstappen musste genauso wie Hamilton am Sonntagabend noch zu den Stewards, um sich für den Vorfall zu erklären. „Unser ganzes Rennen war schlecht“, sagte er. Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko gestand Fehler in der Strategie ein, auch die Reaktion von Verstappen konnte der Steirer teilweise verstehen. „Vom Update hat er sich sicher mehr erwartet“, betonte Marko, die teils heftigen Äußerungen am Radio seien aber nicht notwendig gewesen.

Am kommenden Wochenende findet in Spa-Francorchamps der letzte Grand Prix vor der einmonatigen Sommerpause statt. In der WM-Wertung führt Verstappen nach dem 13. von 24 Saisonrennen 76 Punkte vor Norris. In der Konstrukteurswertung liegt McLaren nur noch 51 Zähler hinter Red Bull Racing.

Erstmals seit fast zwölf Jahren hatte sich McLaren die erste Startreihe gesichert, Verstappen musste sich im Qualifying mit dem dritten Platz begnügen. In die erste Kurve lenkten Pole-Setter Norris, Piastri und Verstappen auf gleicher Höhe ein. Der Triple-Weltmeister überholte Norris außerhalb der Strecke, während sich Piastri innen die Führung schnappte. Es folgten Diskussionen, ob das Verstappen-Überholmanöver den Regeln entsprach.

In der vierten von 70 Runden gab der WM-Leader auf Empfehlung von Red-Bull-Teamchef Christian Horner seine Position wieder an Norris zurück. Wenig später folgte das Urteil des Weltverbandes, es gab keine Bestrafungen. „Man darf Fahrer jetzt also von der Strecke drängen? Dann kannst du der FIA sagen, dass wir ab jetzt so Rennen fahren werden“, sagte Verstappen verärgert am Boxenfunk.

Bei deutlich heißeren Asphalttemperaturen in Mogyorod als tags zuvor drehte Piastri mit einem Polster von drei bis vier Sekunden seine Führungsrunden. Norris, Verstappen, Hamilton und die Ferraris von Leclerc und Carlos Sainz folgten mit wenig Abstand. Dahinter gelang Perez dank einer guten Reifenstrategie und dem Tempounterschied zur restlichen Konkurrenz eine Aufholjagd in die Punkteränge.

In der 17. Runde wechselte Hamilton erstmals seine Reifen, jeweils eine Runde später konterten Norris und Piastri. Red Bull Racing ließ sich mit Verstappen mehr Zeit, wodurch der WM-Leader als Fünfter eine Position verlor. Der 26-Jährige beschwerte sich laufend über die Bremsen und das Fahrverhalten seines Boliden, auch die Strategie gefiel dem Triple-Champion nicht, was er mit diversen Schimpfwörtern zum Ausdruck brachte.

Zur Rennhälfte büßte Piastri mit einem kleinen Fehler ein wenig Zeit auf Norris ein, dahinter kam Verstappen nicht an Hamilton vorbei. Wenig später wurde Norris früher als sein Teamkollege an die Box geholt, wodurch der Miami-Sieger die Möglichkeit zum sogenannten „Undercut“ erhielt, um Piastri zu überholen. Der Führende wechselte erst zwei Runden später und Norris ging vorbei.

So begann das Drama, McLaren wollte die ursprüngliche Reihenfolge wiederherstellen, was bedeutete, dass Norris den sicheren Sieg an seinen Teamkollegen abgeben sollte. „Ich weiß, dass du das Richtige machst“, wurde Norris am Boxenfunk mitgeteilt. „Sag ihm, dass er aufholen soll“, entgegnete Norris, der bereits einen Vorsprung von fünf Sekunden herausfuhr. Erst kurz vor Schluss entschied sich Norris für den Frieden im Team. Dahinter musste Verstappen mit frischeren Reifen Leclerc und Hamilton im Kampf um das Podium auf der Strecke überholen und crashte übermotiviert mit dem Vorderreifen des Briten im Silberpfeil.