„Als Jugendlicher habe ich viel am Scooter herumgebastelt. Nachdem ich zuerst keine Mechanikerlehre gefunden habe, ging es in Richtung Tischler, was mir überhaupt nicht getaugt hat“, erzählt Noah Folie, seit drei Jahren Chefmechaniker im Grasser-Racing-Team (GRT). Resignieren sei aber keine Option gewesen. So fand er schließlich eine Lehrstelle als Lkw-Mechaniker. Nach vier Jahren und der Gesellenprüfung, die er als Jahrgangsbester absolviert hat, nahm alles seinen Lauf – bis er 2021 beim steirischen Team anklopfte.

Angesprochen auf das Leben eines Mechanikers im Lamborghini-Rennstall verdeutlicht der Südtiroler, dass „viele nur die offizielle Rennsaison wahrnehmen. Aber wir arbeiten das ganze Jahr.“ Im Winter werden die Boliden „komplett zerlegt, von Null aufgebaut, um jede Komponente zu kontrollieren und auszutauschen – und das jedes Jahr. Da hat man bei bis zu sechs Autos einiges zu tun.“

Diesbezüglich macht Folie kein Geheimnis daraus, welchen maßgeblichen Einfluss die körperliche Komponente hat. In der Vorbereitung ist es keine Seltenheit, dass die Crew 180 Boxenstops an einem Tag durchspielt. „Da dachte ich schon einmal, ich sterbe. Es ist sehr anstrengend, denn ein Reifen hat 22 Kilo. Die Pitstops gehen richtig auf den Körper. Zusätzlich benötigt man Ausdauer – und wichtig sind Dehnungsübungen.“ Abzuschalten scheint für den zweifachen Familienvater kein Problem darzustellen: „Man muss es schaffen, ich tue mir da nicht so schwer.“

Folie lebt seinen Traum als Mechaniker im Motorsport
Folie lebt seinen Traum als Mechaniker im Motorsport © Maryodnig

An einem Rennwochenende seien an die 15 Stunden Arbeit pro Tag Normalität. Nachdem das GRT-Team in zwei Serien mit insgesamt vier Autos startet, „sind wir am Red Bull Ring im Dauereinsatz. Da spreche ich noch gar nicht von Unfällen und etwaigen Teilen, die zu tauschen sind“, sagt Folie, der weiß, dass jedem Fehler passieren können. „Aber um ehrlich zu sein, gibt man sich trotzdem immer irgendwie die Schuld. Bei uns haben kleine Fehler halt oft riesige Folgen.“ Die größte Challenge sei es demnach, „makellos zu bleiben. Das muss man sich verinnerlichen“.

Im Juni sorgte er in Zandvoort für eine Schrecksekunde. Oschersleben-Gewinner Luca Engstler war dem 29-Jährigen, der noch mit Vorbereitungsarbeiten beschäftigt war, in die Quere gekommen. „Es war eine unglückliche Verkettung der Ereignisse. Letztlich ging alles so schnell“, sagt der Norditaliener, der dabei einen Wadenbeinbruch erlitt. Es dauerte allerdings nicht lange, bis Folie wieder in der Box stand. Beim 24-Stunden-Rennen in Spa knapp drei Wochen später unterstützte er das Team mit einer Art Stiefel am Fuß, ehe er am Nürburgring Mitte August wieder seiner Arbeit nachging. „Du bist irgendwann in so einer Routine, deshalb muss man sich ständig neu daran erinnern, dass man etwas Gefährliches macht“, konkretisiert Folie, der von einem Engagement in der Formel 1 träumt.