Eltern fußballspielender Kinder kennen die Chauffeur-Rolle möglicherweise. Fahrtendienste zu Trainings oder Matches gehören zum Alltag. „Dann sagt der Bua auf einmal von 0 auf 100, er mag nicht mehr und hört mit dem Fußball auf – logisch, dass die Eltern dann enttäuscht sind“, erinnert sich Lukas Graf. Um genau zu sein: Lukas Graf, Bundesligaspieler.

Wie das alles zusammenpasst? Das erzählt eine der Geschichten, die selbst der Fußball alles andere als regelmäßig schreibt. In jungen Jahren deutete vieles auf eine gute Karriere hin. Rund zwei Wochen vor seinem 18. Geburtstag feierte der Innenverteidiger 2012 sein Zweitliga-Debüt für Kapfenberg – in einer Elf mit Joachim Standfest oder dem nunmehrigen GAK-Sportdirektor Dieter Elsneg.

Kein Biss mehr für Fußball

Der Pfeil ging jedoch nicht so schnell nach oben wie erhofft, auch Verletzungen schlichen sich ein. Gute Ausreden für den folgenden Karriereknick würde es geben, Graf wählt die ehrliche Variante: „Ich hatte einfach nicht mehr den Biss und habe mit dem Fußball aufgehört.“

Profis sind in einen strikten zeitlichen Ablauf gepresst, die Freizeitgestaltung kann man nicht mit jener von Gleichaltrigen vergleichen: „Gerade an den Wochenenden siehst du deine Freunde fortgehen oder andere Dinge machen. Ich wollte nicht mehr, habe eineinhalb Jahre gar nicht Fußball gespielt und bin arbeiten gegangen.“

Die GAK-Fans würdigen Lukas Graf mit einem Transparent
Die GAK-Fans würdigen Lukas Graf mit einem Transparent © GEPA

Graf zog nach Hause nach Thörl und werkte als Drahtzieher, was sich als wichtige Weichenstellung in Sachen Fußball erweisen sollte. Sein Vorarbeiter fungierte als Jugendleiter des SV Thörl und bearbeitete ihn immer und immer wieder in Sachen Fußball-Comeback. Ab Herbst 2014 schürte Graf tatsächlich wieder seiner Kickschuhe.

2016 folgte mit seiner damaligen Freundin der Umzug nach Graz. Ein Bekannter stellte zuvor den Kontakt zum GAK her. Der damalige Noch-Unterligist beobachtete den Abwehrspieler in Thörl und bemühte sich um eine Verpflichtung: „Ich habe mir nur gedacht, ich probiere es bei einem geilen Verein, aber dass alles so endet, kannst du dir nicht ausmalen.“

Dass Graf acht Jahre später nach dem vollbrachten Aufstieg ins Oberhaus vor der GAK-Kurve in Liebenau stehen und folgendes Transparent bewundern würde, konnte man sich in der Tat nicht ausdenken: „Lukas Graf – von Oberliga bis Bundesliga absoluter Überflieger.“

Der Weg zu diesem Gänsehaut-Moment begann für den aktuell längstdienenden GAK-Spieler am 13. August 2016 mit einem 4:1-Auswärtssieg in Straß. „Das war ein Wahnsinn“, erinnert sich Graf an seinen ersten Oberliga-Auftritt für die „Rotjacken“ vor 1500 Zuschauern, „du denkst dir nur, du spielst in der Oberliga, was ist da los? Das gibt’s ja nicht! Das kannst du nicht in Worte fassen, was das mit einem Spieler macht, der eigentlich schon weg vom Fenster war.“

Ob zu Hause in Weinzödl oder auswärts, 1000 bis 2000 Zuschauer seien in dieser Zeit eigentlich immer zugegen gewesen. „Das hat auch mir wieder den nötigen Push gegeben und meinen Ehrgeiz geweckt“, erzählt Graf, der bis zum Übergang von der Regionalliga in die 2. Liga berufstätig blieb und erst zu Zweitliga-Zeiten begann, die Bundesliga für sich selbst für möglich zu halten. Der Weg nach oben gestaltete sich mitunter als Achterbahnfahrt. „Der GAK ist Emotion pur“, bringt Graf sämtliche Höhen und Tiefen auf den Punkt. Auch sein persönlicher Aufstieg blieb nicht frei von Hürden. Erst im März feierte er sein Comeback nach einem Kreuzbandriss.

Auch den Eltern etwas zurückgegeben

Den Eindruck, dass er nun als 29-Jähriger nachholt, was er als Teenager aufgegeben hat, teilt Graf nicht wirklich. „Das soll wirklich nicht arrogant wirken, aber dass ich nicht so schlecht Fußball spielen kann, wusste ich trotzdem immer, aber es war nie so, dass ich gesagt hätte, ich brauche es für mein Leben.“ An der Dankbarkeit dafür, wie es letztlich gelaufen ist, ändert dies natürlich nichts.

Unglaublich dankbar ist Graf dafür, dass sich nun irgendwie auch für seine Eltern der Kreis geschlossen hat. „Sie haben mich auch auf meinem Weg ohne Fußball immer unterstützt“, sagt Graf und vermutet lachend, dass sie ihm sein einst so plötzliches Karriereende inzwischen verziehen haben: „So gut es geht, kommen sie zu jedem Match und sind megastolz auf mich. Durch unseren Aufstieg konnte ich ihnen ein bisschen etwas zurückgeben. Das ist ein wunderschönes Gefühl.“