Samstagabend auf der Couch, Deutschland spielt bei der WM und
gewinnt nach einem an Spannung kaum zu überbietenden Match gegen Schweden durch ein Tor quasi in der letzten Sekunde: Es war ein perfekter Fußballabend, für die deutsche Fußballseele ganz besonders.

Obwohl am Ende das nötige Quäntchen Glück dabei war, war es ein verdienter Sieg des Weltmeisters. Die Mannschaft hat sich dieses Glück erarbeitet. Auch wenn das eine Floskel ist, so ist das deutsche Team immer drangeblieben, hat Mentalität gezeigt, auf dem Feld und von der Trainerbank aus alles probiert und die insgesamt destruktiven Schweden dominiert.

Beim Gegentor hat man allerdings auch gesehen, dass im Moment wenig ausreicht, um das fragile Gebilde der DFB-Auswahl ins Wackeln zu bringen. Der Ausgleich war dann mehr als verdient, und der Siegtreffer durch Toni Kroos in der 95. Minute war womöglich das Schlüsselerlebnis für den weiteren Verlauf dieser WM. Ich denke, dass die Art und Weise, wie dieser Sieg zustande gekommen ist, der Mannschaft für das dritte Gruppenspiel und im Fall des Aufstiegs ins Achtelfinale – ich persönlich bin absolut überzeugt, dass dieser gelingt – helfen wird.

Dass just Real-Star Toni Kroos, dessen Fehlpass in der ersten Spielhälfte zum 0:1 geführt hatte, das entscheidende Tor erzielte, freut mich für ihn. Ich mag Spieler, die nach einem Fehler den Kopf oben behalten und wenn es darauf ankommt, Verantwortung übernehmen. Das unterscheidet einen großartigen Fußballer von einem guten.

Und dennoch darf man nicht vergessen, dass die Probleme der deutschen Mannschaft trotz des Erfolgs gegen die Schweden nicht wie weggewischt sind. Die Frage, warum sich dieses Team in Russland bisher noch nicht in der Weltmeister-Form wie vor vier Jahren präsentiert, ist gar nicht so leicht zu beantworten. Deutschland hat als Mannschaft in den ersten beiden Gruppenspielen nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen. Wenn dann auch noch etwas an Spannung verloren geht, weil man vielleicht schon das 70. Saisonspiel in den Beinen hat oder die Ergebnisse in der Vorbereitung nicht ideal waren, ist es nicht leicht, die fehlenden paar Prozent auf Punkt zurückzuholen. Und plötzlich setzen sich in einer Mannschaft ein paar Dinge fest: etwa, dass man bei Konter anfällig ist, im Angriff zu wenig Effektivität vorhanden ist oder dass zu viele einfache Ballverluste passieren.

Ich bin nach diesem Sieg deshalb noch nicht euphorisch. Ich bin vielmehr gespannt, welche Wirkung er auf die Mannschaft haben wird.