Sieben Stunden dauerte die 50 Kilometer lange Fahrt für die amtierenden Afrika-Cup-Sieger aus dem Senegal, als Sadio Mané & Co den frenetischen Fans auf dem Weg vom Flughafen Dakar zum Stadtzentrum "ihre" Trophäe präsentierten. Das Land stand kopf, gefühlte 17 Millionen Einwohner bildeten ein lückenloses Menschenspalier entlang der Straße. „Rallye Katar“ heißt die neue „Rennstrecke“ des Nationalteams auf dem Weg zum nächsten großen Coup – und das Selbstvertrauen ist hoch. Mit dem dramatischen Sieg gegen Ecuador sicherte man das Achtelfinale, ab jetzt ist für die „Löwen aus Teranga“ alles möglich.

Es warten aber keine Antilopen auf Aliou Cissés Team, sondern ein zum erweiterten Kreis der Titelaspiranten zählendes Königreich, das mit drei Löwen auf dem Dress und formstarken Raubkatzen als Favorit in das Spiel geht. Gareth Southgate überraschte gegen Wales mit einer taktischen raffinierten Aufstellung, brachte im Mittelfeld Liverpools Kapitän Jordan Henderson, um so mehr Kontrolle und Robustheit ins Spiel zu bringen. Zugleich wurde Jude Bellingham von vielen defensiven Aufgaben befreit und konnte so seine 8er-Rolle noch offensiver gestalten. Der von ganz England geforderte Phil Foden zeigte erstmals von Beginn, dass er mit seiner quirligen Kraft jeder Mannschaft der Welt Probleme bereitet. Und dann ist da noch Rashford und und und…. Hold on a minute!

Die Frage stellt sich: Ist England tatsächlich gut genug , um den Titel nach so vielen Jahrzehnten wieder ins Mutterland des Fußballs zu schiffen? Eigentlich ja – denn in der Gruppenphase stellte man mit Spanien die beste Offensive, Jordan Pickford hielt seinen Kasten gleich zweimal sauber. Attribute, die in Pokal Richtung zeigen, und doch glaubt die Fußballwelt, dass sich das nicht ganz ausgehen wird. Der erste Härtetest wartet heute. Trotz zahlreicher namhafter Ausfälle im Team von Senegal besticht die Mannschaft als aufopferndes Kollektiv. Ismaila Sarr gehört zu den aufgehenden senegalesichen Sternen, mit Kalidou Koulibaly hält einer der besten Verteidiger der Welt die Westafrikaner zusammen. Leidenschaft trifft auf eine noch nie durchbrochene Serie: Keine afrikanische Mannschaft konnte England je in die Knie zwingen.

Frische Beine werden Kylian Mbappé und seine zehn Freunde haben, wenn Frankreich im zweiten Achtelfinale auf Polen trifft. Didier Deschamps gönnte im letzten Gruppenspiel fast jedem seiner Starter eine Verschnaufpause. Sobald die Franzosen das erste Tor machen, ist das Spiel für mich gelaufen. Dem Team von Czeslaw Michniewicz fehlt die Geschwindigkeit, um im Konter Nadelstiche setzen zu können.
Die harmlosen Polen werden sich über die Defensive ins Spiel kämpfen müssen, die individuelle Qualität der Franzosen sollte diese Hürde aber vor keine großen Probleme stellen. Aber, ehrlich gesagt: Wir haben bei dieser Weltmeisterschaft ja schon alles gesehen.

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