Es war die 66. Spielminute in der Partie Serbien gegen die Schweiz. Während einer Unterbrechung kommt es zu Wortgefechten zwischen Schweiz-Kapitän Granit Xhaka und der Ersatzbank Serbiens. Der 30-jährige Arsenal-Legionär greift sich provokant in den Schritt, die serbische Bank kocht. Als Sohn kosovo-albanischer Eltern ist Xhaka einer von drei Spielern im WM-Kader der Schweiz, deren Wurzeln im von Serbien nicht anerkannten Staat Kosovo liegen. Xherdan Shaqiri und Ardon Jashari sind die anderen beiden.
Aber zurück zu Xhaka: Nach dem 3:2-Sieg und dem damit verbundenen Achtelfinaleinzug streifte Xhaka das Trikot von Jashari über und jubelte damit ausgelassen. Viele orten eine politische Botschaft. Denn: Der Name Jashari ist im Kosovo kein unbekannter, Adem Jashari war Kommandant und ist ein Volksheld im Kosovo, weil er einer der führenden Protagonisten im Kampf des Kosovos um die Unabhängigkeit von Serbien war. "Da gibt es überhaupt keinen politischen Gedanken dahinter", versichert Xhaka.
Der Routinier ist vorbelastet. Xhakas Vaters wurde in den 1980er-Jahren in Jugoslawien festgenommen, weil er sich bei einer Demonstration gegen den Staat aufgelehnt haben soll. Sechs Monate wurde er im Gefängnis täglich gefoltert. Als er frei kam, floh die Familie in die Schweiz. Schon bei der WM 2018, als die Schweiz 2:1 gegen Serbien traf, kam es zu einem Eklat. Sowohl Shaqiri als auch Xhaka trafen, beide jubelten danach mit der albanischen "Doppeladler"-Geste, was einen großen Skandal auslöste.
Diesmal war es eben der Griff in den Schritt und die Worte Richtung serbischer Bank sowie das Trikot, das für Aufregung sorgt. Die FIFA könnte Xhaka aufgrund dieser Geste nun sogar sperren – was für die Schweiz ein herber Verlust für das Viertelfinalduell mit Portugal wäre. Denn rein sportlich ist Xhaka ein begnadeter Fußballer. Nur die politischen Entgleisungen, die er sich immer wieder leistet, sorgen in seiner Heimat Schweiz und über die Grenzen hinaus für Kopfschütteln.