Die einen Spieler tanken ihre Batterien auf Mauritius auf. Sie schauen im Wörthersee-Stadion der U9 Ihres Heimatvereins Sirnitz auf die Beine. Geht’s nicht ohne Fußball?
Martin Hinteregger: Doch, doch. Ich bin nur so selten zu Hause, dass ich jede Gelegenheit nutze, um unseren Burschen und Mädels zuzusehen.
Sie haben mehrfach betont, den Wechsel von Salzburg in die deutsche Bundesliga zu Augsburg nicht bereut zu haben. Warum eigentlich?
Das Gesamtpaket hat gepasst. Sportlich wie auch privat. Meine Freundin Magdalena und ich haben uns sofort wohlgefühlt, haben gleich Freunde außerhalb des Fußballs gefunden. Zudem trainiere ich in meinem Stadtteil die U9 des TSV Haunstetten. So schnell bringt uns hier nichts mehr weg.
Köln und Hamburg gelten als Traditionsvereine, Leipzig und Leverkusen als Plastikklubs. Und Augsburg?
Ist ein aufstrebender Verein, bodenständig und familiär, mit einem fußballverrückten Präsidenten. Klaus Hofmann ist ein Firmenchef, hat 8000 Mitarbeiter unter sich und steht bei den Heimspielen immer mitten unter den Fans. Das Thema „Plastikklubs“ wird in Deutschland ziemlich hochgepusht. Ich denke aber, dass viele Vereine, die international mithalten wollen, in den nächsten Jahren Besitzer kriegen. Das ist unumgänglich.
Die ersten Minuten mit Augsburg beim Auswärtsspiel in Leipzig sollen speziell gewesen sein.
Ich wurde ausgepfiffen. Bei den ersten ein, zwei Kontakten habe ich dann den Ball länger gehalten, weil ich das genießen wollte. Es war irgendwie cool, wenn 44.000 Fans gegen dich pfeifen.
Was macht Martin Hinteregger richtig, dass er bei seinen Klubs unverzichtbar ist?
Ich bin sehr lernwillig und versuche, die Vorgaben des Trainers schnell und richtig umzusetzen – egal, ob ich im Mittelfeld oder als linker Verteidiger eingesetzt werde.
Wer ist der bessere Nationalteam-Linksverteidiger: Martin Hinteregger oder David Alaba?
Diese Frage stellt sich nicht. David ist für uns im Mittelfeld wertvoll. Das hat er in vielen Spielen und jahrelang vor der EM bewiesen. Er wird bald zwei, drei gute Spiele abliefern. Dann passt’s wieder. Die Leute urteilen viel zu schnell.
Wie bei Teamchef Marcel Koller? Zuerst hochgelobt, nun verteufelt. Wie ist die Wahrnehmung eines Insiders?
Er wurde wegen zweier Dinge kritisiert: Dass Alaba nicht links hinten spielt und er nicht flexibel ist. Das hat Marcel Koller geändert. Wir spielen flexibel wie noch nie.
Nur mit vier Siegen hat Österreich Chancen auf die WM 2018 in Russland. Ist das realistisch oder nur ein letzter Strohhalm?
Absolut realistisch. Druck hat uns schon immer gutgetan. Im September werden wir in Wales gewinnen und sie aus dem Rennen werfen. Mit Hinteregger als Linksverteidiger und mit Alaba im Mittelfeld.
Wer im Internet nach Martin Hinteregger sucht, der findet viel, nur eines nicht: einen Facebook-Account.
Nur weil es jemand von mir erwartet, werde ich jetzt nicht jeden Tag zwei Stunden in ein Instagram-Profil oder eine Facebook-Seite investieren. Ich muss nicht immer alles wissen. Ich gehe lieber raus – zum Fischen oder Jagen. Oder nach einem Sieg auf ein Bier.