Die Ausgangslage vor den letzten beiden EM-Qualifikationsspielen ist schwierig. Noch viel schwieriger nach der überraschenden 1:3-Heimpleite gegen Albanien. Wie groß ist die Nervosität bei Ihnen und ihm Team in der jetzigen heißen Phase der EM-Quali?
WERNER GREGORITSCH: Durch das 1:3 gegen Albanien haben sich unsere Chancen sehr verringert. Das haben wir leider vergeigt. Vier Punkte brauchen wir, aber selbst dann ist das Play-off nicht fix, da das Torverhältnis entscheidend sein könnte. Von Nervosität ist keine Spur, aber Anspannung ist da.

Seit 1978 messen sich die besten U21-Nationen alle zwei Jahre um den EM-Titel, bislang immer ohne österreichische Beteiligung. "Diese Mannschaft kann Geschichte schreiben", haben Sie vor dem Albanien-Spiel gesagt. Glauben Sie immer noch daran?
GREGORITSCH: Das muss ich leider revidieren. Das ist zu vermessen, wenn man gegen Albanien verliert. Heute würde ich sagen: Die Mannschaft kann etwas Besonderes leisten.

Vor dem Albanien-Spiel wurden einige Spieler bei einer nächtlichen Lokaltour erwischt und dann suspendiert. Wie geht es mit den Aussortierten in Zukunft weiter?
GREGORITSCH: Die Aussortierten sind jetzt kein Thema. Aber es gibt zu keinem ein negatives Verhältnis. Sie haben sich entschuldigt, haben ihre Strafe bekommen. Man wird sehen, wie es weitergeht. Junge Menschen dürfen Fehler machen, aber dieser war katastrophal. Weil auf einen Schlag viel von harter zweijähriger Arbeit kaputt gehen kann.

Blicken wir nach vorne - zum heutigen Heimduell gegen Bosnien. Das Hinspiel hat Ihr Team 2:0 gewonnen. Eine Niederlage und der EM-Traum ist endgültig geplatzt. Ein klassischer Pflichtsieg, oder?  
GREGORITSCH: Nein, weil Bosnien seine Mannschaft gerade umbaut. Sie haben viele neue Talente im Team, die sich beweisen wollen. Mit der Truppe vom Herbst hat die Mannschaft nicht mehr viel zu tun. Es wird sehr schwierig. Aber meine Mannschaft ist willig und möchte noch einmal zeigen, was sie kann. Immerhin hat sie von den letzten 18 Spielen nur drei verloren.

Die U21 hat sich in der Vergangenheit auswärts stets leichter getan als vor eigenem Publikum. Macht Ihnen das vor dem heutigen Spiel Sorgen?
GREGORITSCH: Unser Problem war, dass wir unsere Gegner zu Hause meistens niederrennen wollten und dann ausgekontert wurden. Wir brauchen mehr Geduld und Cleverness. Wichtig ist die Absicherung nach hinten. Wir dürfen das Stellungsspiel nicht vernachlässigen.

Sie haben diesmal vier Neulinge dabei. Karim Onisiwo von Mattersburg zum Beispiel, der überhaupt zum ersten Mal in einer ÖFB-Auswahl dabei ist. Wie hat er sich im Team eingegliedert?
GREGORITSCH: Es sind ja auch ein paar Mattersburger Kollegen dabei, da fällt es leichter. Und jeder, der einberufen wird, ist bei uns sofort ein Vollmitglied. Er muss nicht die Koffer schleppen, weil er zum ersten Mal dabei ist. Er ist sehr schnell, dynamisch, wuchtig und deshalb für jeden Gegenspieler schwer zu stoppen.

Nach rund einjähriger Pause, die großteils verletzungsbedingt war, ist auch Marco Djuricin von Sturm wieder im Kader - derzeit mit fünf Toren der beste österreichische Torschütze in der Liga. Bei Ihrem Teamchef-Debüt 2012 hat er die U21 zum Sieg gegen die Schweiz geschossen. Was erwarten Sie von ihm?
GREGORITSCH: Marco ist eine Aktie, die sich sehr gut entwickelt hat. Ich habe ihm damals auch den Wechsel zu Sturm geraten. Er ist sehr reif geworden, das war der richtige Weg. Ich erwarte mir, dass er als Führungsspieler und Torjäger seine Chance nützt. Denn mit Stürmern sind wir ja auch im A-Team nicht so gesegnet. Er weiß, dass er sich empfehlen kann.

Auch Ihrem Abwehrspieler Lukas Spendlhofer haben Sie geraten zu Sturm zu gehen. Die Grazer müssen Ihnen ja bald schon ein Beraterhonorar überweisen...
GREGORITSCH: (lacht) Als U21-Teamchef werde ich von vielen Vereinen kontaktiert und gebe Auskunft. Das ist ja auch meine Aufgabe. Bei Lukas bestand die Gefahr, dass er in Italien versauert. Deshalb habe ich ihm den Wechsel nach Graz geraten.

Zurück zum Team. Werden heute drei Punkte gegen Bosnien eingefahren, braucht man immer noch einen Punkt am Dienstag beim souveränen Tabellenführer Spanien. Die Iberer haben alle Gruppenspiele gewonnen und das Hinspiel gegen Österreich mit 6:2. Wie soll dieses Wunder gelingen?
GREGORITSCH: Spanien ist noch kein Thema. Wir haben sie gestern gegen Ungarn beobachtet. Aber der Fokus liegt jetzt nur auf Bosnien.

Die U19 hat zuletzt für Furore gesorgt. Die A-Nationalmannschaft und die U21 haben sich aber, wie gesagt, noch nie sportlich für eine Euro qualifiziert. Warum funktioniert hier der Übergang offenbar nicht?
GREGORITSCH: Die Qualifikation für Österreichs U21 ist aufgrund des Modus für ein normales Land sehr, sehr schwer. Und wir sind kein Fußball-Land, das muss man auch einmal sagen. Und es gibt keinen Gegner mehr, über den man drüberfährt. Was viele nicht wissen und was zum Beispiel im Vergleich zu den jüngeren Jahrgängen anders ist: Bei einer U21-EM sind nur acht Teams dabei. Der Gastgeber ist fix qualifiziert und die restlichen sieben Plätze sind für die Groß-Nationen reserviert. Da ist daneben kaum Platz.

Im österreichischen Nachwuchs hat sich aber auch einigs getan, es wurde mehr investiert. Glauben Sie, dass der Anschluss in Zukunft gelingen kann? Oder ist das utopisch?
GREGORITSCH: Bis zur U19 ist es noch relativ ausgeglichen, da in den Akademien mittlerweile bei uns gleich gute Arbeit geleistet wird wie in den Top-Nationen. Der Übergang vom Jugend- in den Erwachsenenfußball war bis dato nie gegeben. Mit dem jetzigen Jahrgang hat man erstmals gesehen, dass sich die Spieler langsam entwickeln. Wir haben immer mehr Stammspieler, die früher im Verein keine Rolle gespielt haben.