Die 92. Minute im Spiel zwischen Vienna und Liefering: Vienna-Spieler Florian Zellhofer nimmt den Ball an, mit dem Schuss ins Tor ertönt ein Pfiff. Schiedsrichter Rene Eisner hat auf Abseits entschieden - zu Unrecht. Jetzt fordert die Vienna bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung wegen Betrugsverdacht. Der Buhmann bleibt der Schiedsrichter.

Herr Eisner, was ist passiert?

RENE EISNER: Wir kommunizieren normalerweise mit einem Headset mit den Assistenten. Das hat in diesem Fall nicht funktioniert. Und ich war mir hundertprozentig sicher, dass der Spieler Zellhofer im Abseits war.

Was hätte die Kommunikation mit dem Assistenten gebracht?

EISNER: Ich habe nachgefragt, aber es ist eben nichts gekommen. Also bin ich meiner Wahrnehmung gefolgt und habe auf Abseits entschieden.

Wie wäre es dann laut Muster abgelaufen?

EISNER: Im Normalfall kommt auf meine Frage eine Antwort. Die muss sich aber nicht mit meiner Meinung decken. Ich musste mich auf mich selbst verlassen.

Wie geht es Ihnen jetzt damit, dass plötzlich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird?

EISNER: Es ist total wild. Ich habe keine Ahnung, wie die Vienna darauf kommt, dass da ein Hintergedanke dabei war. Fehlentscheidungen passieren! Wenn jeder Verein zu klagen beginnt, dann wird es schwierig für den Sport.

Wie schwierig wird es für Sie?

EISNER: Man beginnt schon, zu hinterfragen. Ob das alles Sinn hat, ob ich es nötig habe, an den Pranger gestellt zu werden. Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Ich hatte eine falsche Wahrnehmung, ja. Aber damit muss man leben, das gehört dazu im Sport. Das passiert auch im Berufsleben.

Hätten Sie etwas anders machen können?

EISNER: Es wäre vielleicht gescheiter gewesen, wenn ich mit dem Pfiff noch länger gewartet hätte. Dann hätte ich noch mehr Möglichkeiten gehabt. Aber ich habe vor dem Torschuss abgepfiffen.

Und das heißt?

EISNER: Ich hätte nie mehr auf Tor entscheiden können. Sonst hätte Liefering protestiert. Es gab nur noch Abseits oder, wie es die Regeln sagen, einen Schiedsrichterball nach Schiedsrichter-Irrtum. Aber ich war mir sicher. Das Gefühl ist halt ungut. Habe ich eine Zehntel zu früh entschieden?

So leicht ist es also nicht, ein Schiedsrichter zu sein.

EISNER: Du musst eine starke Persönlichkeit sein. Es ist ja legitim, dass die Funktionäre einen Sündenbock suchen. Aber es ist auch so: Wären wir richtig gelegen, wären wir die Weltmeister gewesen. Mir ist wichtig: Solange ich mir selbst nicht unterstellen muss, dass es etwas anderes war als eine Fehlentscheidung, komme ich damit klar.