Herr Gustafsson, warum gewinnt Österreich in Schweden?

Gustafsson (lacht): Glauben Sie, dass Österreich gewinnt? Ich nicht. Es wird eine enge Partie, aber Schweden gewinnt.

Warum?

Gustafsson: Die Schweden waren in Wien überrascht, wie stark Österreich ist. Das sind sie jetzt nicht mehr. Jetzt wissen sie das. Und Schweden hat ein sehr gutes Kollektiv. Das war immer unsere Stärke. Dazu ist Zlatan Ibrahimovic derzeit sensationell in Form.

Österreich und Schweden haben ungefähr gleich viele Einwohner. Warum bringen die Schweden dann regelmäßig Topstars wie Tormann Thomas Ravelli, Henrik Larsson, Freddy Ljungberg oder jetzt Ibrahimovic hervor und wir nicht?

Gustafsson: Die Nachwuchsarbeit hier ist gut. In den Vereinen. Nur das alleine reicht nicht. Ein Beispiel: Ich wohne in der Nähe einer Schule. Am Nachmittag wollte ich dort mit meinen Buben Fußball spielen gehen, doch der Fußballplatz der Schule war eingezäunt und versperrt. In Schweden kannst du überall spielen, bei jedem Kindergarten, bei jeder Schule, überall. So habe ich angefangen. Ich habe am Nachmittag gespielt, bis es dunkel wurde. Fragen Sie Zlatan, der hat das genauso gemacht. Viele Eltern können es sich nicht leisten, ihre Kinder zum Verein zu bringen. So sieht man aber nie alle Talente. Das ist der größte Unterschied. Und im Winter wird auf den Plätzen eine Eisfläche gemacht. Darum sind wir auch im Eishockey so stark.

Aber Österreich hat in den letzten Jahren aufgeholt.

Gustafsson: Ja. Die Liga hier ist stärker als in Schweden, das sieht man daran, dass Österreich immer Vertreter in der Europa-League- Gruppenphase und jetzt in der Champions League hat. Das haben die Schweden heuer nicht so geschafft. Auf dem Papier habt ihr auch die besseren Einzelspieler, die alle bei Vereinen im Ausland eine gute Rolle spielen. Aber Österreich war lange keine Mannschaft. Vor ein paar Jahren ist mir das extrem aufgefallen.

Und jetzt? Ist das Nationalteam auf dem richtigen Weg?

Gustafsson: Auf alle Fälle. Das war in der Qualifikation schön zu sehen. Ihr habt jetzt endlich eine Mannschaft. Nicht einen Haufen guter Einzelspieler, in dem jeder nur auf sich schaut. Das hat Teamchef Marcel Koller gut hinbekommen. Man muss ihm Zeit geben. Die Entwicklung passt.

Nach verpatzten Qualifikationen werden Trainer aber oft getauscht.

Gustafsson: Das ist ja das Problem. Zeit gibt es im Fußball nicht. Bis Spieler zu einer Mannschaft wachsen, dauert das aber länger als zwei Tage. Die Sponsoren hinter dem Sport wollen aber nicht warten, sondern schnell Erfolg. Darum gehen diese beiden Seiten eigentlich nicht zusammen.

Egal, ob Schweden oder Österreich zur WM fährt - für Sie ist der Zug Nationalteam abgefahren.

Gustafsson: Ja, aber ich träume immer noch davon. Ich bin zwar 36, aber mein Körper sagt immer noch "Ja" zum Fußball und er entscheidet, wie lange ich noch spiele. Wenn ich gute Leistungen bringe, wird auch Salzburg-Trainer Roger Schmidt nicht an mir vorbeikommen. Ich träume auch immer noch davon, in der Champions League zu spielen, bevor ich sterbe (lacht). Nie aufgeben - das ist mein Motto und generell das des schwedischen Fußballs. Das macht uns stark.

Aufgegeben haben Sie auch nach Ihrer schweren Verletzung mit Schien- und Wadenbeinbruch vor dreieinhalb Jahren nicht. Wie hat sich Ihr Leben seither verändert?

Gustafsson: Das war eine sehr schwierige Zeit. Sportlich hat es mich sicher um Jahre zurückgeworfen, ich war damals sehr gut drauf. Ich habe aber auch viele positive Dinge kennengelernt in der Zeit. Etwa, wie man mental stärker wird. Als Mensch bin ich an dieser Erfahrung auf jeden Fall gewachsen.

Zurück zur WM-Qualifikation. 1998 hat Österreich zweimal gegen Schweden gewonnen durch Tore von Andi Herzog und ist zur WM nach Frankreich gefahren. Erinnern Sie sich noch daran?

Gustafsson: Nein, daran habe ich gar keine Erinnerung. Aber schwedische Journalisten haben mich auch danach gefragt. Und sie haben gesagt, dass der Unterschied zwischen den beiden Teams seit damals nie mehr so klein war, wie er jetzt ist.