"Wenn man Fußball-Ästhet ist, dann mag man Peter Zulj.“ Sturm-Trainer Heiko Vogel spricht vielen aus der Seele. Der Regisseur und Dirigent im Grazer Spiel bot in dieser Saison eine Leistung, die ihm so wohl niemand zugetraut hätte. Konstant rief der 24-Jährige seine Leistungen ab und hatte einen großen Anteil am Vizemeistertitel und Cupsieg der Schwarz-Weißen. Der Titel „Bundesliga-Spieler der Saison“ unterstreicht dies.

Dabei wäre ihm der Durchbruch im Profibereich beinahe verwehrt geblieben. Nach einer durchwachsenen Saison bei der Admira 2015/16 war die Nachfrage nach ihm nicht mehr groß. Jeder wusste über das Talent, das er zweifellos besaß, Bescheid. Doch es gab Probleme im zwischenmenschlichen Bereich. „Ich habe andere Sachen in meinem Kopf gehabt, war nicht auf Fußball fokussiert“, sagt Zulj geläutert. Ausgerechnet sein jüngerer Bruder Robert Zulj, der bei Hoffenheim in der Deutschen Bundesliga spielt, legte ein gutes Wort für ihn bei dessen Ex-Klub Ried ein, die den Welser mit Bauchweh verpflichteten. Zulj spielte ansprechend, den Abstieg 2017 konnte er aber auch nicht verhindern.

Das kam dem SK Sturm zugute. Die Grazer nahmen den Linksfuß unter Vertrag. Ex-Sturm-Trainer und Teamchef Franco Foda gelang es, einen als schwierig geltenden Typen so zu formen, dass dieser explodiert. Aus dem schlampigen und faulen Mittelfeldspieler wurde ein laufstarker Box-to-box-Spieler, der in der Offensive über ein Repertoire verfügt, das nicht nur die Torgefahr, sondern auch das perfekt in Szene setzen seiner Mitspieler beinhaltet. Darüber hinaus ist sich Zulj nicht zu schade, defensiv jene Meter abzuspulen, die undankbar sind und auch weh tun, aber Pflicht sind, um sich vom Durchschnitt abzuheben.

Die Präsenz auf dem Platz, ständig anspielbar zu sein, in Drucksituationen permanent eine spielerische Lösung parat zu haben und die Gabe, den Ball so gut abzudecken, weil er es schafft, sein Hinterteil in Zweikämpfen so zu seinem Vorteil einzusetzen, machen Zulj nicht nur zu einer unersetzbaren Waffe für Sturm, sondern auch zu einem gefragten Mann auf dem Transfermarkt. Sein noch bis 2020 laufender Vertrag in Graz beinhaltet keine Ausstiegsklausel. „Wenn ein Verein kommt und einige Millionen für Sturm und mich hinlegt, dann kann es sein, dass ich gehe, wenngleich Sturm der beste Klub ist, bei dem ich je gespielt habe“, sagt der sehr religiöse Zulj, der wohl bald Sturms Rekordtransfer werden wird.

Nach seinem starken Startelfdebüt im Nationalteam gegen Russland dürfte es noch mehr Interessenten geben. Wie ein jahrelanger Stammspieler zog er die Fäden, „obwohl ich etwas nervös war“. Als der Oberösterreicher im März erstmals im ÖFB-Kader stand, sah man – im Gegensatz zu anderen Debütanten – schnell, dass ihm das hohe Leistungsniveau keine Probleme bereitet. Marko Arnautovic ließ es sich nicht nehmen, sofort von Zuljs „überragenden linken Fuß“ zu schwärmen.

Abgang nur eine Frage der Zeit

Der Reifeprozess, den er durchlaufen hat, lässt keine Gefahr aufkommen, dass Zulj auch nur einen Deut nachlässt. Zu sehr konzentriert er sich auf das, was auf dem Platz passiert. Im vorigen Sommer war sein Wunsch groß, die Rückennummer 10 bei Sturm zu erhalten. Geschäftsführer Günter Kreissl meinte, dass Zulj sich diese erst verdienen müsse. Das hat er mittlerweile getan – die Nummer ist ihm aber gar nicht mehr wichtig. Vielleicht wird er schon bald für einen neuen Klub spielen. Dass dies ein Erstligist einer Topliga sein wird, liegt auf der Hand. Spielertypen wie ein Peter Zulj sind international gefragt. Er entwickelte sich vom nicht gefragten zum heißumworbenen Spieler.