Ein schlampiges Genie, das nicht die richtige Einstellung an den Tag legt und nicht für Profifußball gemacht ist – mit diesem Image war Peter Zulj (sprich: Schuhl) lange Zeit behaftet. Der Welser agierte auf dem Platz schon immer überdurchschnittlich begabt. Dennoch hat er mit 24 Jahren bereits bei elf Klubs gespielt.
„Ich habe viele Fehler gemacht und bin oft auf die Nase gefallen. Wäre ich früher intelligenter gewesen, hätte ich mich vielleicht schon bei Rapid durchgesetzt. Aber damals habe ich andere Sachen in meinem Schädel gehabt“, sagt Zulj. „Jetzt weiß ich, worauf es im Profifußball ankommt, bin als Mensch und Charakter sehr gereift.“
Sturm profitiert
Jene Reife kommt dem SK Sturm enorm zugute. Seit diesem Sommer schnürt der Oberösterreicher für die Grazer die Schuhe. Sofort hat er im zentralen Mittelfeld die Spielmacherrolle übernommen. „Ich will immer die Kugel haben, sie verteilen und an jeder Aktion beteiligt sein“, erklärt der religiöse Linksfuß, der beim Bundesliga-Auftakt gegen St. Pölten mit einem Assist und dem Siegestor zum 3:2 groß aufgezeigt hat. „Dass wir das 0:2 noch gedreht haben, ist überragend.“
Der Schritt zu Sturm hat sich für Zulj schon jetzt absolut bezahlt gemacht. „Ich habe noch nie bei so einem großen Klub gespielt. Aber dass die Atmosphäre in allen Bereichen, angefangen von der Geschäftsstelle bis hin zur Mannschaft, derart gut ist und jeder für jeden da ist, überrascht mich immer wieder. Ich fühle mich schon jetzt wie daheim“, sagt Sturms Rückennummer 17 und freut sich schon auf die Partie gegen Fenerbahce Istanbul am Donnerstag. „Auf dem Papier sind sie der klare Favorit. Klar handelt es sich um einen großen Klub in der Türkei, aber sie haben zuletzt international nicht viel erreicht. Angst habe ich sowieso nie, egal, gegen wen. Wir müssen einfach wieder ein Topspiel abliefern.“
Bruder Robert fiebert mit
Daumen drücken wird am Donnerstag auch Peters älterer Bruder Robert Zulj, der im Sommer vom deutschen Zweitligisten Greuther Fürth zum Champions-League-Kandidaten Hoffenheim gewechselt ist. „Klar ist die Karriere von Peter nicht ganz so verlaufen, wie er sich das vorgestellt hat. Aber das ist Schnee von gestern“, sagt der Deutschland-Legionär, der sich blendend mit seinem Bruder versteht. „Wir hören uns jeden Tag und sind beste Freunde.“
Sturms neuer Regisseur stimmt dem zu. „Robert und ich sind eigentlich komplett unterschiedliche Typen. Er ist der Ruhige, ich bin eher der Wildere. Vielleicht hat er deshalb auch erst bei halb so vielen Vereinen wie ich gespielt. Mit seiner Erfahrung hilft er mir enorm weiter“, sagt Zulj, der zuletzt in der Linzer Akademie mit seinem Bruder zusammengespielt hat. „Mir wäre es aber ohnehin lieber, gegen ihn zu spielen.“ Das wäre sogar ab der Europa-League-Gruppenphase möglich. Dafür muss aber einmal Fenerbahce ausgeschaltet werden – mit einem Zulj in Hochform.