Sie sind 100 Tage, genau 108, Sturm-Präsident. Wie lautet Ihr erstes Resümee?

GERALD STOCKENHUBER: Die Anspannung bei Amtsantritt war groß. Jetzt bin ich entspannter, als derzeit Dritter war es ein gelungener Start. So viel können wir nicht falsch gemacht haben.

Also passt alles?

STOCKENHUBER: Es passt nicht immer alles hundertprozentig. Man muss sich laufend neuen Anforderungen stellen. Das ist wie in jedem Unternehmen.

Muss man einen Fußballverein wie ein Unternehmen führen?

STOCKENHUBER: Ja. Man braucht auf den richtigen Positionen die richtigen Mitarbeiter. Die Prämisse des Vorstandes lautet: Rahmenbedingungen schaffen, damit der Verein erfolgreich arbeiten kann.

Sind die richtigen Leute an den richtigen Positionen?

STOCKENHUBER: Es gibt eine Zieldefinition. Solange die Ziele verfolgt und erreicht werden, haben wir die Positionen richtig vergeben. Und ja, jetzt kommt sicher die Zielfrage . . .

Wie Sie wollen: Ihre Ziele?

STOCKENHUBER: Sturm hat die Zielvorgabe, unter den Top drei mitzuspielen. Das können Sie ruhig so schreiben, ja: Top drei! Ich sage immer: An der Tabelle sieht man, wie man gearbeitet hat, ob man aus dem Budget etwas Gutes gemacht hat. Fußball ist ein Zählspiel, ganz einfach.

Und die wirtschaftlichen Ziele?

STOCKENHUBER: Ein ausgeglichenes Budget. Unsere Saison ist ausfinanziert, Kompliment an das Marketing und an die Sponsoren. Wir konnten etwas zulegen.

Dabei wird stets kolportiert, Sturm habe ein geringes Budget.

STOCKENHUBER: Wir liegen knapp unter zehn Millionen Gesamtbudget, der Großteil geht in die Kampfmannschaft.

Was sich anhand der Verkäufe merkwürdig anhört.

STOCKENHUBER: Wir haben ja keine namenlosen Spieler geholt.

Es gibt Hinweise, dass Frank Stronach in irgendeiner Weise bei Sturm einsteigen will.

STOCKENHUBER: Wenn er das will, ist er herzlich willkommen. Man muss das "in irgendeiner Weise" aber näher definieren.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

STOCKENHUBER: Mein Stichwort: "Laissez fair mit Autorität", eine eigenartige Kombination. Ich vertraue den Mitarbeitern, stecke Rahmenbedingungen ab. Ich kann aber, wenn es zu viel wird, sehr autoritär werden.

Was hat sich geändert, seit Sie Präsident sind?

STOCKENHUBER: Ich werde erkannt und in Fußball-Diskussionen verwickelt. Da kann der Besuch in der Trafik eine halbe Stunde dauern. Mit Maß und Ziel geht das.

Als Präsident haften Sie. Schaut man da selbst die Buchhaltung an?

STOCKENHUBER: Unser Controlling ist sehr gut. Es gibt tägliche Kontrollen, somit kann nicht viel passieren.

Gibt es Bestrebungen, den Verein in eine GesmbH oder AG umzuwandeln?

STOCKENHUBER: Ja, es gibt Überlegungen zur Neustrukturierung. Aber alle Machbarkeitsstudien sind in Arbeit. Bis zur Generalversammlung im Jänner 2011 sollte man Bescheid wissen.

Bleibt Gerald Stockenhuber weiter Präsident oder dann Aufsichtsratsvorsitzender?

STOCKENHUBER: Nachdem es eine Wahl ist, entscheiden darüber die Mitglieder. Fix ist: Die Person Gerald Stockenhuber gibt es nur im Paket mit dem Vorstand.

Es gibt Kritik an Sturms Fan-Service.

STOCKENHUBER: Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten. Der Vorstand wird darüber diskutieren, den Job eines eigenen Fanbeauftragten auszuschreiben.

Was wünschen Sie sich von der Politik?

STOCKENHUBER: Wir wurden bisher gut unterstützt, wir nähern uns auch der Stadt Graz an.

Tadellos zufrieden? Das hören wir selten.

STOCKENHUBER: Es gibt konstruktive Gespräche. Ich schaue dem Ganzen zuversichtlich entgegen.

Was ist das Ganze?

STOCKENHUBER: Klar diskutiert man über mehr Geld.

Geld für?

STOCKENHUBER: Man sollte den Akademie-Status unterstützen.

Keine Kritikpunkte? Kaputte Anzeigentafel, kaputter Rasen ...

STOCKENHUBER: Wir drängen auf Verbesserung. Klar ist: Sturm wird das Stadion nicht sanieren.

Also doch nicht zufrieden?

STOCKENHUBER: Es ist ja auch nicht so, dass alles schlecht war, was die Politik gemacht hat. Und ich kann ja nicht in den ersten 100 Tagen auf alles hinhauen. Aber es wird Zeit, dass wir aus der Beobachtungsphase, aus der Quarantäne, heraustreten.