Am Mittwoch (20.45 Uhr im ORF) geht's in Graz gegen Bate Borisow um den Champions League Aufstieg. Und mitten unter den Blackys, Jürgen Säumel, der verlorene Sohn. Geht's Ihnen gut?

JÜRGEN SÄUMEL: Ja. Ich hatte eine wirklich schwierige Zeit hinter mir. Nach dem guten Halbjahr bei Brescia kam ich zurück zu Torino, durfte dort aber nie spielen. Ich wechselte heuer zu Duisburg, dort dasselbe Schicksal. Vor zwei Wochen unterschrieb ich in Graz.

Wie war die Rückkehr?

SÄUMEL: Ganz ehrlich, ich hatte eine Gänsehaut im Stadion. Da standen die Leute mit einem Riesentransparent "Willkommen zu Hause" und riefen meinen Namen. Das hat mich tief berührt. Schon beim ersten Training sind die Fans trotz strömenden Regens zuschauen gekommen.

Sie gingen 2008 fort von Graz. Ein glücklicher Schritt?

SÄUMEL: Der AC Torino hat angeklopft, da sagt keiner Nein, das ist ein echter Traditionsklub. Und am Anfang lief es ja auch ganz gut, Nationalteam, Tore, Interviews. Ich spielte in der Serie A, einer Liga, die mir liegt. Da dreht sich alles um Fußball, ich meine, die haben drei Fußball-Tageszeitungen - das muss man sich einmal vorstellen.

Und die Sprache?

SÄUMEL: Dreimal die Woche Sprachkurs, nach drei Monaten das erste Interview auf Italienisch. Da musst du durch. Wenn du die Sprache nicht lernst, hast du keine Chance, beim Verein nicht und bei den Zuschauern auch nicht.

Wie ging es Ihnen, als Torino nicht mehr mit Ihnen plante?

SÄUMEL: Ich hab in Italien gedacht, jetzt starte ich voll durch. Stattdessen wurde ich beinhart aussortiert. Das war überraschend für mich. Ich bin in ein Loch gefallen. Bin dort gesessen und wusste, ich spiele nicht mehr. Meine Freundin, die in Graz studiert, ist so oft sie konnte nach Turin gekommen. Der Markus Schopp und der Alex Manninger haben mich unterstützt.

Wo liegen die großen Unterschiede der Ligen, in denen Sie gespielt haben?

SÄUMEL: In der Fankultur. In Italien geht es sehr brutal zu. Man sieht auch kaum Familien in den Stadien, und sie sind auch selten ausverkauft. In Deutschland dagegen hatten wir bei Duisburg zu Hause ständig 31.500 Zuschauer, eine tolle Stimmung. Und das in der zweiten Liga!

Jetzt wieder Graz. Alles sieht rosig aus...

SÄUMEL: Da sieht man, wie schnell das alles gehen kann. Generell in der Gesellschaft und im Sport ganz besonders. Von ganz unten nach ganz oben in einer Woche. Dessen bin ich mir seit dem Auslandsengagement bewusst. Ich weiß es also wirklich zu schätzen, jetzt wieder im Blickpunkt zu stehen.

Und in Graz planen Sie jetzt längerfristig?

SÄUMEL: Das ist eine tolle Stadt mit großer Lebensqualität. Ich habe bei Sturm einen Vertrag auf ein Jahr mit der Option auf ein weiteres. In Graz habe ich auch meine Wohnung, in der auch noch mein Bruder Gerald wohnt. Da werden wir aber bald eine Lösung finden, da wir beide Freundinnen haben und uns die Wohnung zu eng wird (lacht). Aber wie gesagt: Was ich zuletzt gelernt habe ist, keine allzu langfristigen Planungen zu machen.

Wo trifft man Sie in der Stadt?

SÄUMEL: Ich laufe gerne an der Mur entlang, ansonsten ist derzeit aber der Fußball vorrangig. Also im Trainingszentrum.

Wohin soll das jetzt alles für Sie führen? Wenn man Sie spielen sieht, denkt man unweigerlich ans Nationalteam. Sie auch?

SÄUMEL: Ja und nein. Ich lasse das auf mich zukommen. Manche Dinge kann man sowieso nicht beeinflussen. Glück zum Beispiel. Ich denke jetzt also nur an Sturm. Aber natürlich: Ich will Titel, ich will auch einmal einen Pokal, und zur WM will ich auch, ja. Aber es muss ja nicht alles gleich heuer sein. Eine Titelverteidigung ist sowieso schwierig.

Unmöglich?

SÄUMEL: Nein, das sicher nicht. Die Mannschaft hat längst bewiesen, dass sie Großes leisten kann.

Und wie sieht Ihre Prognose aus: Kommt Sturm in die Champions-League-Gruppenphase?

SÄUMEL: Es wird ein harter Kampf, aber mit dem Auswärtstor im Gepäck schaffen wir das!