Sucht man einen speziellen Tag, an dem die legendäre Ära von Ivica Osim und jene des Erfolgsduos Andreas Schicker und Christian Ilzer Hand in Hand gingen, muss man nicht lange suchen. Es ist der 1. Mai 2022, an dem die Sturm-Familie am Grazer Hausberg Schöckl gemeinsam den 113. Geburtstag des SK Sturm feierte und noch nicht ahnte, dass sie kurz darauf Osims Tod beweinen würde. Augenblicke, nachdem dessen Zitat „Sturm deckt alles, was schwarz ist in meinem Leben. Alles, was weiß ist, auch“ auf einem Transparent entrollt wurde, musste Präsident Christian Jauk die traurige Botschaft vom Ableben des Jahrhunderttrainers übermitteln.

„Es war einer dieser Zufälle, denen sofort etwas Mythisches, Übersinnliches, Schicksalhaftes zugeschrieben wird“, schreibt Jürgen Pucher in seinem Buch „Der SK Sturm ist wieder da“. Untertitel: Von der Ära Osim bis zum Gewinn der Meisterschaft. Osim war es, der in den 90ern mit zwei Meisterschaften und drei Cupsiegen die ersten Titel der Vereinsgeschichte nach Graz holte. Seit seinem Tod wurde Sturm 2023 Cupsieger und eroberte im Mai das Double. Erfolge, mit denen sich Pucher in seinem Werk ausführlich auseinandersetzt und die als Klammer für ein Vierteljahrhundert schwarz-weißer Geschichte dienen, in denen so viel mehr passiert ist. Bekanntlich nicht nur Erfreuliches. Auch dies gehört zu einem lebendigen Traditionsverein, der alles im Leben abdeckt, was schwarz und weiß ist.

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Neues Buch über den SK Sturm
Neues Buch über den SK Sturm © Styria

Pucher glaubt nicht, dass Sturm diese Widersprüche braucht, diesen konstanten Wechsel aus guten und weniger guten Phasen. Sie hätten sich durch spezifische Ereignisse ergeben. „Zuerst die Ära Osim, die plötzlich einen anderen Klub erzeugt hat. Dann der Absturz mit einer langen Phase der Findung, um wieder zurückzukommen. Vor Osim war alles recht konstant Mittelmaß mit einigen ganz wenigen Ausreißern nach oben. Der ‚neue Weg‘ jetzt ist eigentlich die erste stabile Erfolgsphase, die keine Nebengeräusche hat.“

Der Mittvierziger Pucher drückte den „Schwoazen“ schon vor Beginn der Osim-Ära 1994 die Daumen. Viele Mitglieder seiner Generation wurden durch diese Jahre geprägt. Parallelen zu damals sind derzeit die Euphorie betreffend offensichtlich. Ob auf die Schicker/Ilzer-Ära einmal ähnlich zurückgeblickt werden wird, sei schwer abzuschätzen. Der in Wien lebende Steirer schätzt das gegenwärtige Geschehen jedoch nachhaltiger ein, weshalb man beide Phasen auch nur schwer vergleichen könne: „Osim war eine Zäsur, die bis heute nachwirkt. Dieser Erfolg war einerseits mit dieser besonderen Figur verknüpft und zugleich durch Hannes Kartnigs Hasardeursverhalten auf Sand gebaut. Der aktuelle Erfolg und die entwickelten Strukturen sind das Resultat einer kontinuierlichen Aufbauarbeit, auch wirtschaftlich. Dies wiegt noch schwerer, da die Umstände mit einem finanziell derart überlegenen Ligakrösus noch schwieriger sind.“

Buchautor Jürgen Pucher
Buchautor Jürgen Pucher © Daniel Shaked

Puchers Buch ist allerdings ganz bewusst nicht nur eine „Erfolgsstory“, sondern der Autor begibt sich auf eine turbulente Zeitreise der Jahre dazwischen, die in der Amtszeit von Trainer Franco Foda mit Cupsieg und Meistertitel Höhen, aber mitunter auch abenteuerliche Tiefen zu bieten hatten. „Die schwierigen Phasen machen definitiv einen der Reize dieses Buches aus“, findet der 45-Jährige, „die Aufarbeitung war ein Mix aus Spaß, weil das ganze Chaos und die Protagonisten sich ja durchaus auch humorig betrachten lassen, und einigen auch durch persönliche Erlebnisse unangenehmen Déjà-Vus. Interessant waren dabei auch die Einblicke durch Gesprächspartner wie Christopher Houben oder Oliver Parfi.“

Die Fanszene als wesentliche Konstante

Houben fungierte in einer Zeit als Geschäftsführer Wirtschaft, in der man die schwarz-weiße Personalfluktuation teilweise als kurios bewerten musste. Man denke nur an die anekdotenreichen Monate unter Trainer Peter Hyballa. General Manager Gerhard Goldbrich fällt Pucher als jenes Kapitel ein, auf das er in den vergangenen 20 Jahren Sturm „am ehesten verzichten“ hätte können.

Parfi vom Fanklub Brigata wiederum zählt mit weiteren führenden Köpfen der Fanszene zu prägenden Figuren der jüngeren Sturm-Vergangenheit. „Er und seine Mitstreiter ab Mitte der 90er sind sicher eine wesentliche Konstante. Sie haben gegen Missstände gekämpft und sich selbst ständig weiterentwickelt. Ich halte die Fankurve in der aktuellen Ausprägung jedenfalls für nachhaltig“, findet Pucher. Ebendort wird das Buch offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. An Puchers Seite werden am 11. September ab 18.30 Uhr Trainer Christian Ilzer und Vereinslegende Günther Neukirchner in der Nordkurve zu Gast sein. Der Eintritt ist frei. Darüber, was an Sturm schwarz und was weiß ist, dürften die Meinungen auseinandergehen. Worauf sich alle einigen können: Der SK Sturm ist wieder da. Und das nun auch in Buchform.