Der Jäger ist plötzlich der Gejagte. Als der SK Sturm in der Vorsaison das Double mit Meisterschaft und Cup gewann, hatte davor niemand mit diesem Erfolg gerechnet. Kein Wunder, dass die Erwartungshaltung in dieser Saison eine deutlich höhere geworden ist. Mit dem Unterschied, dass die Grazer plötzlich die Zielscheibe für alle anderen Klubs sind. Klar thront Salzburg monetär gesehen weiterhin weit über allen anderen Klubs der heimischen Bundesliga – dennoch haben die Grazer in den vergangenen vier Jahren bewiesen, dass ein ausgeklügeltes Konzept und ein durchdachter Weg dafür sorgen können, über sich hinauszuwachsen.

Unter Geschäftsführer Andreas Schicker, der 2020 mit Christian Ilzer die Idealbesetzung verpflichten konnte, gelang es den Schwarz-Weißen, sich stetig zu verbessern. Aus Transferschnäppchen wie Kelvin Yeboah, Rasmus Höjlund oder Emanuel Emegha wurden Rekordverkäufe, die den Grundstein legten, dass sich der Klub auch international einen Namen erarbeitet hat, sodass weit größere Namen gerne ihre Spieler bei Sturm weiterentwickeln wollen.

Sturm-Umsatz jenseits der 60-Millionen-Euro-Marke

So passierte es beispielsweise in dieser Transferperiode, dass der FC Bayern München Lovro Zvonarek an die Grazer verlieh. Ein Prozess, der vor einigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Mittlerweile weiß man die Arbeit bei den Schwarz-Weißen zu schätzen. Spieler können hier eine Entwicklung nehmen, die sie für höhere Aufgaben empfiehlt. Selbiges gilt im Übrigen für Torhüter Kjell Scherpen (24) und Malick Yalcouye (18), die Premier-League-Klub Brighton an die Grazer verlieh. Ein weiterer Leihspieler von Hoffenheim steht mit Erencan Yardimci (22) im Sturm-Kader. Zu viele Leihen, beklagen Fans. Hier sind zwei Dinge zu betonen: Die Schwarz-Weißen werden heuer auf einen Umsatz jenseits der 60-Millionen-Euro-Marke kommen – das rund Vierfache eines „normalen“ Jahres, das bis 2019/20 noch Usus war. Möglich machen dies die Einnahmen aus der Champions League, die rund 30 Millionen ausmachen werden, sowie auch ein Spielerverkauf von Alexander Prass, den sich Hoffenheim bis zu zwölf Millionen kosten ließ.

Sturm-Geschäftsführer Andreas Schicker
Sturm-Geschäftsführer Andreas Schicker © GEPA

Millionenschwere Transfereinnahmen könnten auch in Zukunft erfolgen, dürfen aber keineswegs eingeplant werden. Womit aber auf keinen Fall gerechnet werden darf, sind Teilnahmen an der Königsklasse. Die elitäre Gesellschaft könnte für österreichische Vertreter auf Grund des Rückfalls in der Fünfjahreswertung nur noch ein Wunschtraum bleiben. Somit muss sich Sturm auch dafür rüsten, ab der kommenden Saison wieder kleinere Brötchen backen zu müssen. Gerade dafür ergibt es Sinn, Akteure mit hohem Potenzial zu leihen. Einerseits können sie die Qualität im Kader enorm erhöhen – Stichwort Konkurrenzkampf, andererseits spielen sie in gehaltstechnischen Sphären, an die Sturm nicht einmal ansatzweise denken kann. Als Beispiel sei hier Prass genannt. In Graz reifte der Oberösterreicher als ehemaliger Zweitligaakteur zum ÖFB-Teamspieler und spielt nun in der Deutschen Bundesliga. Bei Hoffenheim soll der 23-Jährige das etwa Zehnfache des Sturm-Durchschnittsgehalts erhalten. Zvonarek, Scherpen, Yalcouye oder Yardimci wären für Sturm darum auch niemals erschwinglich. Dank der Leihen können sie aber in Graz reifen, im Idealfall den Klub verstärken und auch in Zukunft Geld einbringen.

Manprit Sarkaria spielt keine Rolle mehr

Denn diese Geschäfte sind durchaus mit Klauseln versehen, die besagen, dass Sturm Geld vom verleihenden Verein kassieren kann, wenn der bestimmte Leistungsnachweise erbringt oder teuer verkauft wird. Es handelt sich dann um eine Art „Ausbildungsentschädigung“, die man kassiert, weil der Spieler hier auch besser geworden ist. Ein weiterer Vorteil: Leihspieler machen im kommenden Sommer auch wieder Platz im Kader, der den (finanziellen) Gegebenheiten angepasst werden muss. Muss der Gürtel enger geschnallt werden, wird man die Personalkosten entsprechend günstiger gestalten müssen. Klare Entscheidungen wird es weiter geben wie heuer: Manprit Sarkaria, von dessen Nicht-Verbleib die Kleine Zeitung exklusiv berichtete, wurde nicht für die Champions League gemeldet. Er wird im Kader keine Rolle spielen und soll noch verkauft werden. Einige Länder haben ihre Transferfenster noch länger geöffnet.