Auch wenn die Ära des bedingungslosen Powerfußballs vorbei ist, Salzburgs Vormachtstellung im heimischen Kick ist es nicht. Am Samstag bauten die "Bullen" ihre Dominanz weiter aus, machten zwei Runden vor Ende der Bundesliga mit dem 1:1 gegen den SK Sturm den siebenten Meistertitel in der elften Saison seit dem Einstieg Red Bulls bzw. den dritten in Folge perfekt. Zudem hat der Cup-Finalist das dritte Double en suite im Visier.

Ein Spaziergang war der insgesamt zehnte Titel für Salzburg (drei davon als Austria) freilich nicht. Denn bereits zu Saisonbeginn war offensichtlich, dass der Weg zum Titel ein harter werden würde. In fast schon bester Salzburger Tradition verließen im Sommer nicht nur Trainer Adi Hütter, sondern auch Schlüsselspieler wie Andre Ramalho (Bayer Leverkusen), Marcel Sabitzer und Stefan Ilsanker (beide RB Leipzig) den Club. Ein weiterer Aderlass nach den Abgängen von Kevin Kampl und Sadio Mane in den Monaten davor.

Katastrophaler Start

Prompt erwischte Trainer Peter Zeidler, als Hütter-Nachfolger nur die interne "zweite Wahl", mit zwei Niederlagen in der Bundesliga, den Europacup-Schlappen gegen Angstgegner Malmö (CL-Qualifikation) und die biederen Weißrussen von Dynamo Minsk (EL-Quali) einen katastrophalen Start. Doch Zeidler brachte die Truppe um Jonatan Soriano und Naby Keita zwischenzeitlich wieder auf Schiene. Am 17. Oktober stand Salzburg erstmals in dieser Saison auf Platz eins.

Doch eine Schwächephase gegen Herbstende, die zeitlich mit den Querelen um den abwanderungswilligen ÖFB-Teamverteidiger Martin Hinteregger zusammenfiel, kostete Zeidler noch vor Weihnachten den Job - zum ersten Mal in der Red-Bull-Ära trennte man sich während der Saison von einem Trainer. Der Weg für Oscar Garcia war damit frei. Der spanische Ex-Kicker des FC Barcelona, der im Sommer zwar mit den Salzburgern verhandelt hatte, schließlich aber nicht zum Zug gekommen war, übernahm Ende Dezember von Interimscoach Thomas Letsch.

Nur eine Niederlage unter Garcia

Von da an gaben sich die "Bullen" mit Ausnahme des zweiten Spiels der Ära Oscar, wo es eine 0:1-Niederlage gegen Ried gab, keine Blöße mehr. In zwölf Partien holte man bei drei (Auswärts-)Unentschieden neun Siege. Der Triumph ist aber wohl auch der Schwäche der Konkurrenz zuzuschreiben. So ließ Rapid im März bzw. Anfang April zu viele Punkte liegen, um das Meisterschaftsfinish noch einmal richtig spannend zu machen.

Offensichtlich ist, dass vom vielbesungenen Fußball der Marke Roger Schmidt, der ein Jünger des Pressing-Evangeliums von Ralf Rangnick ist, eine vergleichsweise profane Variante übriggeblieben ist. Die bedingungslose Anwendung des Gegenpressings, die Idee von der schnellen Balleroberung und dem ebenso schnellen Abschluss, sind einer "neuen Sachlichkeit" und einer stärkeren Betonung des Ballbesitzes sowie der Defensive gewichen. Offensichtlich wurde aber auch, dass ohne Schlüsselspieler wie den (vermutlichen) Torschützenkönig Jonatan Soriano oder Mittelfeldmotor Naby Keita die Mannschaft durchaus in Probleme kommt.

Löst Garcia gar Schmidt ab?

In Sachen Effizienz ist diese Facon des Salzburger Kicks jedenfalls vielversprechend. Mit einem Punkteschnitt von 2,21 in Ligaspielen darf sich Oscar zwei Partien vor Saisonende gute Hoffnungen machen, Roger Schmidt (2,18) als erfolgreichsten Trainer der Red-Bull-Ära abzulösen. Der Deutsche erbrachte diesen Schnitt aber in einem wesentlich längeren Vergleichszeitraum von 72 Partien und markierte mit der herausragenden Saison 2013/14, als man 80 Punkte einfuhr und ein beeindruckendes Torverhältnis von 110:35 aufwies, zudem einen Meilenstein.

Rundum zufrieden ist Oscar jedenfalls noch nicht. "Es ist klar, dass wir erst auf der Hälfte des Weges sind", meinte er im Saisonfinish. Für Zufriedenheit bei den Fans würde der 43-jährige jedenfalls mit dem erstmaligen Einzug in die Gruppenphase der Champions League unter der Ägide Red Bulls sorgen. Welcher Kader Oscar dabei zur Verfügung steht, bleibt abzuwarten. Ein grober Umbau der Mannschaft ist nicht zu erwarten, die große Frage lautet: Bleibt Keita den "Bullen" im Sommer erhalten?