Bevor wir zu Trainer Peter Zeidler kommen. Dürfen wir vom Spieler Peter Zeidler etwas wissen?
PETER ZEIDLER: Der Spieler Peter Zeidler war nicht in höheren Gefilden tätig. Er versteht trotzdem das Spiel und kann es selbst spielen. Mein Höhepunkt war der, als Spielertrainer beim SV Tübingen in der vierthöchsten Spielklasse tätig zu sein. Aber selbst da war ich schon mehr in Richtung Trainer eingestellt. Dass ich fußballerisch nicht höher gespielt habe, liegt auch daran, dass ich relativ früh parallel gearbeitet habe. Mit 23 Jahren war ich schon Jugendtrainer beim VfB Stuttgart.



Was würde der Trainer Peter Zeidler mit dem Spieler Peter Zeidler heute anfangen können?
ZEIDLER: Ich habe immer die Nummer zehn gehabt. Und genau so habe ich damals auch gespielt. Wenn der Gegner den Ball gehabt hat, war ich richtig faul und bin nicht gelaufen, habe nicht nachgesetzt. Balleroberung war ein Fremdwort für mich. Es ist aber oft so, die als Spieler die Schöngeister waren, sind dann in ihrer Trainerkarriere oft die richtig Disziplinierten.

Was hat sich als Spieler von früher zu heute geändert?
ZEIDLER: Das ist für mich auf meinem Niveau schwierig zu beurteilen. Aber heute spielt man Hochgeschwindigkeitsfußball in beide Richtungen, das Spielmacher-Thema ist anders.

Gibt es eine Sportart, die sich in den letzten Jahren so rasant entwickelt hat wie Fußball?
ZEIDLER: Sehr gute Frage, schwierig zu beantworten. Ich interessiere mich sehr für andere Sportarten. Fußball ist so toll, weil es so komplex ist und viel mit Gehirntraining zu tun hat. Das ist nicht so wie ein 100-Meter-Lauf, wo man sich fast ausschließlich auf physische und athletische Dinge konzentrieren kann. Im Fußball braucht man viel Gehirn – wie in anderen Spielsportarten.

War auch ein Blick auf andere Sportarten ein Schlüssel zur Entwicklung?
ZEIDLER: Ganz sicher. Ob Hockey oder Basketball – man kann überall Elemente herauspicken. Diese Öffnung hat dem Fußball sicher geholfen.

Sie haben als Co-Trainer und als Trainer gearbeitet, was erfüllt sie mehr?
ZEIDLER: Als Trainer heutzutage hat man nicht nur die Mannschaft zu führen, sondern auch das Trainerteam. Das gilt für Hoffenheim, Bayern München, aber auch Red Bull Salzburg. Wir haben fünf Physiotherapeuten, zwei Co-Trainer und viele mehr. Diese Zusammenarbeit ist das Allerwichtigste.

Was verbindet Sie mit Ralf Rangnick?
ZEIDLER: Was uns verbindet, ist dieser gemeinsame Weg. Wir haben an der Universität Stuttgart studiert. Er hat ein paar Jahre über mir Sport und Englisch, ich Sport und Französisch studiert. Wir waren beide fußballverrückt. In den Trainerkarrieren haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt.

Was unterscheidet Salzburg und Leipzig?
ZEIDLER: Wir spielen in einer anderen Liga in einem anderen Land. Wir können in Europa spielen, Leipzig nicht. Ein Vorteil ist sicher, dass wir uns inhaltlich austauschen können.

Ist Salzburg die Nummer eins in der Red-Bull-Familie?
ZEIDLER: So einfach ist das nicht. Den Zuschauerschnitt von Leipzig werden wir nicht haben. Leipzig hat 30.000, wir 10.000 Fans.

Ist Salzburg der Ausbildungsverein für Leipzig?
ZEIDLER: Jeder Trainer bildet aus. Verwalten will niemand. Ich würde das nicht so hochhängen. Österreichs Liga ist klein, da ist es doch logisch, dass gute Spieler nach Höherem streben. Ich bin lange in Österreich, fühle mich schon wie ein Österreicher und bin stolz darauf. Aber es braucht niemand so tun, als ob Österreich das Mutterland des Fußballs ist. Ich will mit Leipzig nicht in Konkurrenz treten. Wir sind Red Bull Salzburg, das sagt schon alles.

Was genau?
ZEIDLER: Dass wir etwas Besonderes und Internationales machen. Wir haben 15 Nationalitäten und die Möglichkeiten, Top-Spieler zu uns zu holen. Egal ob ein Miranda, ein Hinteregger oder ein Soriano. Sie wollen hier spielen. Sie identifizieren sich mit diesem Verein. Spieler kommen gerne zu uns.

Es hat den Anschein, als wären Sie ein emotionaler Mensch, der sich selbst bremst.
ZEIDLER: Ich bin begeisterungsfähig und habe aber auch gelernt, dass ich einen klaren Kopf haben muss, damit ich alles genau analysieren kann. Ich lebe mit der Mannschaft mit und lasse in einem Spiel Energie frei. Denn wenn man sieht, dass genau jenes zum Erfolg führt, was man trainiert hat, freut man sich. Das macht die Faszination Fußball aus.

Woher kommt Ihr Faible für Frankreich?
ZEIDLER: Das hat auch mit Fußball zu tun. Anfang der 80er-Jahre waren die Franzosen die Brasilianer Europas. Da wurde auch One-Touch-Fußball gespielt. Sie haben zuerst nur schön gespielt, erst 1984 haben sie die EM gewonnen. Und dann habe ich mich entschlossen, Französisch zu studieren. Später war ich auch Trainer in Frankreich.

Sind Auszeiten für Fußballtrainer wichtig?
ZEIDLER: Ich glaube schon, dass man das braucht. Es ist auch wichtig, sich weiterzuentwickeln in dieser Zeit und über den Horizont hinauszuschauen. Da sind Guardiola, Klopp oder Tuchel gute Beispiele. Ich habe mit Thomas Tuchel die Lizenz gemacht. Wir waren gemeinsam im Zimmer, deshalb kennen wir uns auch gut. Man muss sich eine Auszeit aber auch einmal leisten können. Das geht nur bei Spitzentrainern.

Welche Leidenschaften haben Sie abseits des Fußballs?
ZEIDLER: Ich höre französisches Radio (lacht). Ich gehe auch gerne ins Kino und schaue französischsprachige Filme.

Wer wird österreichischer Meister?
ZEIDLER: Wir haben den Anspruch, das Niveau der vergangenen zwei Jahre, wo wir weit vor den anderen Mannschaften waren, wieder zu erreichen. Die anderen Teams sind aber besser geworden. Sturm Graz etwa, aber auch Rapid sind harte Konkurrenten. Austria Wien kann ich noch nicht beurteilen. Wir haben aber auch größten Respekt vor Mattersburg und allen anderen. Bescheidenheit ist auch in Salzburg wichtig.

INTERVIEW: PETER KLIMKEIT, MICHAEL LORBER