Nach dem zweiten kläglich gescheiterten Anlauf auf die deutsche Fußball-Bundesliga ist der große HSV zum "Hamburger Spott-Verein" geworden und muss am Tiefpunkt seiner Vereinsgeschichte den nächsten Umbruch starten. Selbst der als Heilsbringer geholte Trainer Dieter Hecking konnte den Totalschaden nicht verhindern - und scheint deshalb auch nicht mehr völlig unantastbar zu sein.

"Wir haben das als großes Ganzes angefangen - und genau so sind wir jetzt als großes Ganzes gescheitert", räumte der 55-Jährige am Sonntag nach dem 1:5-Debakel im Heimspiel gegen den SV Sandhausen zerknirscht ein. Einzelne Schuldige wolle er nicht benennen, fügte Hecking in ehrenvoller Absicht hinzu.

Vertragsverlängerung offen

Da sich sein Vertrag nur beim Aufstieg automatisch verlängert hätte, muss eine Analyse mit Sportvorstand Jonas Boldt und Aufsichtsratschef Marcell Jansen zeigen, ob die Zusammenarbeit - wie bisher allseits gewünscht - tatsächlich fortgesetzt wird. "Jetzt muss man gucken, ob wir dieses große Ganze wieder so aufstellen können, dass alle das Gefühl haben: Es kann im nächsten Jahr klappen", betonte Hecking und deutete damit an, dass die Bedingungen auch für ihn stimmen müssen.

Als im vergangenen Jahr "das gesamte Sportsystem kollabiert" war, wie es der damalige HSV-Chef Bernd Hoffmann ausdrückte, rollten Köpfe. In diesem Jahr sieht zumindest der bisherige Plan vor, dass die sportlich Verantwortlichen beisammen bleiben, um nicht wieder bei Null anfangen zu müssen. "Wir werden in den nächsten Tagen in die Analyse gehen und die richtigen Schlüsse ziehen", kündigte Chefkontrolleur Jansen an.

Teurer Kader brachte nichts

Es steht aber ohnehin der nächste Umbruch im Kader an, der zwar der zweitteuerste der 2. Liga ist, aber den Beweis seiner Klasse schuldig blieb. Denn letztlich waren es die Profis, die auf dem Platz versagten. Allein nach der Corona-Pause ließen sie in Fürth (2:2), Stuttgart (2:3), Heidenheim (1:2) und gegen Kiel (3:3) durch zum Teil haarsträubende Last-Minute-Gegentore sechs Punkte liegen.

Die Krönung folgte im Saisonfinale: Statt die Steilvorlage des 1. FC Heidenheim (0:3 in Bielefeld) zu nutzen und das eine fehlende Pünktchen zu sichern, ging der HSV gegen den Verein aus der 15.000-Seelen-Gemeinde Sandhausen unter und verpasste erneut als Vierter die Relegation.

20 Millionen an Fixeinnahmen gehen verloren

Durch die abermals verpasste Oberhaus-Rückkehr gehen dem HSV nicht nur rund 20 Millionen Euro an Fix-Einnahmen flöten. Auch das weitere Engagement der beiden größten HSV-Partner ist offen. Am Dienstag läuft der Vertrag mit Klaus-Michael Kühne über die Namensrechte am Volksparkstadion aus. Bisher hat der Milliardär, der als größter Einzelaktionär 20,57 Prozent Anteile an der Fußball AG des HSV hält, vier Millionen Euro pro Jahr bezahlt. Zudem könnte die ebenfalls von Corona stark betroffene Airline Emirates als Hauptsponsor nach dem Nichtaufstieg eine Ausstiegsklausel aus dem Vertrag bis 2022 ziehen.

Beim anderen Hamburger Zweitliga-Club ist dagegen schon eine Entscheidung gefallen: Nach einer enttäuschenden Saison hat sich der FC St. Pauli von Trainer Jos Luhukay getrennt. Der Vertrag des Niederländers lief noch bis Ende Juni 2021. Als 14. der Endtabelle blieb St. Pauli jedoch unter seinen sportlichen Erwartungen. Wer die Nachfolge Luhukays antreten soll, wollen die Clubverantwortlichen in der Sommerpause entscheiden.