Ihre Mannschaft empfängt in der Champions League Arsenal, gegen das es im Hinspiel eine 0:2-Niederlage gab. Wie fühlt es sich an, ein Spiel verloren zu haben?
MATTHIAS SAMMER: Egal, ob man gewinnt oder verliert, bei Bayern muss man alles erklären. In der Champions League kannst du auf einen Gegner wie Arsenal treffen, der in Topform ist. Dann machst du einen individuellen Fehler und verlierst. Das muss man akzeptieren, einen Haken daran machen und Reaktion zeigen. Dass wir kein Spiel mehr verlieren, wäre grundsätzlich ein positiver Gedanke, ist aber leider unrealistisch.

Was hat Ihnen der 1000. Bundesliga-Sieg bedeutet?
SAMMER: Statistik ist Teil des Spiels. Aber am Ende vornzustehen und als erster Klub vier Mal in Folge deutscher Meister zu werden, ist die größere Triebfeder als der 1000. Sieg.

Die Bayern halten bei 31 von 33 möglichen Punkten. Wäre mehr Gegenwehr in der Bundesliga wünschenswert?
SAMMER: Das ist eine Scheindiskussion. Wir haben gegen Leverkusen, Wolfsburg und Dortmund zu Hause gespielt. Aber in London gegen Arsenal haben wir verloren. Das kann man vergleichen mit einem Spiel in Leverkusen oder Dortmund. Glauben Sie nicht, dass nur ein Tag einfach ist beim FC Bayern. Es herrscht großer Druck auf Spielern, Trainern und dem gesamten Verein.

Sind Bayern-Siege selbstverständlich geworden?
SAMMER: Vielleicht, aber es geht im Sport um Leistung. Und die hat eine Historie, einen Grund. Wie in Österreich.

Was meinen Sie genau?
SAMMER: Man sieht, welche Organisationsformen im österreichischen Fußball entstanden sind, vor allem im Nachwuchs mit den Akademien, Leistungszentren usw. Leistung ist koordinier-, steuer- und organisierbar. Es ist nicht klar, ob man damit auch automatisch ein Finale gewinnt, aber die Tendenz ist erkennbar. Durch diese Strukturen sind bessere Spieler im Männerbereich entstanden. Und bessere Spieler in einem guten System mit gutem Trainer werden mehr Spiele gewinnen als verlieren.

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner ist für seine Taten lange kritisiert worden.
SAMMER: Kritik ist ein Kompliment. Wenn du Kulturen veränderst, werden nicht alle Halleluja schreien. Ich kenne Willi Ruttensteiner gut. Die Ergebnisse sprechen für ihn. Er hat seinen eigenen Kopf. Wenn du nicht so bist, setzt du dich nicht durch. Ich glaube, Österreichs Fußball sollte ihm eher ein Denkmal setzen, als ihn zu kritisieren.

David Alaba wäre dafür auch ein Kandidat. Sehen Sie in seiner Vielseitigkeit eine Problematik?
SAMMER: Wir sind glücklich, dass er so vielseitig und komplex ausgebildet ist. David Alaba ist ein Jahrhunderttalent. Es gibt große Spieler wie Philipp Lahm, Paolo Maldini oder Lothar Matthäus. Sie alle haben auf sehr vielen verschiedenen Positionen gespielt.

Auch Matthias Sammer.
SAMMER: Wir reden von großen Spielern (lacht).

Wie sehr schadet es dem Fußball, wenn von Blatter, Platini, Beckenbauer bis hin zum Sommermärchen immer wieder Skandalgeschichten publik werden?
SAMMER: Wo viel materielle Mittel zur Verfügung stehen, ist manchmal Unanständigkeit dabei. Es muss alles aufgeklärt und möglicherweise bestraft werden. Aber der Ball wird und muss weiterrollen. Die Verantwortung des Balls gegenüber denen, die das Spiel lieben, ist größer als die Bestandteile, die sich derzeit darstellen. Die Historie und Dynamik des Balls ist unverwüstlich.

Was kann der FC Bayern tun, um die Unsummen, die die Klubs der Premier League an TV-Geldern lukrieren, auszugleichen?
SAMMER: Wir müssen schlauer sein, weil wir finanziell nicht mithalten können. Es muss uns gelingen, durch gute Nachwuchsarbeit eine Identität aus den eigenen Reihen zu entwickeln. Die Mischung mit punktuellen klugen Transfers ist das Erfolgsgeheimnis. Die Identität haben wir noch mit Lahm, Müller und Badstuber. Aber das neue Nachwuchsleistungszentrum ist ein klares Zeichen in die Zukunft. Da haben wir sicher Aufholbedarf.

Ist der FC Bayern international die Nummer eins?
SAMMER: Es gibt verschiedene Rankings. Aber klar ist, dass der wirtschaftliche Erfolg ohne den sportlichen nicht möglich ist.