Noch 2014 begeisterte das deutsche Fußballnationalteam. Nach dem vierten Weltmeistertitel lag ein Land den Fußballhelden zu Füßen. Auch der EM-Halbfinaleinzug 2016 durfte noch als Erfolg gewertet werden. Doch das Aus in der WM-Vorrunde 2018 und im EM-Achtelfinale 2021 kosteten Joachim Löw nach 15 Jahren als Bundestrainer den Job. Als Nachfolger sollte es Hansi Flick richten. Sollte, denn seine Zeit ist nach rund zwei Jahren schon wieder zu Ende. Als Co-Trainer stand dieser Löw 2014 beim WM-Triumph zur Seite.

2020 führte Flick den FC Bayern zum Champions-League-Titel und zur FIFA-Klub-Weltmeisterschaft. Der gebürtige Heidelberger sollte der einstigen Fußball-Großmacht das Siegergen einimpfen, das die Deutschen über Jahrzehnte so stark gemacht hatte. Der Beginn verlief verheißungsvoll. Mit acht Siegen zum Start und 13 Partien ohne Niederlage träumten viele schon vom WM-Titel, doch in Katar sollte sich 2022 komplette Niedergeschlagenheit breitmachen. In einer Gruppe mit Japan, Spanien und Costa Rica reichte es für die selbstbewusste Fußballnation nur zu Rang drei.

Nach dem Vorrunden-Aus folgte noch ein 2:0 gegen Peru, dann ging die Leistungskurve rapide nach unten. Vier Niederlagen und ein Remis lautete die Bilanz aus den jüngsten Auftritten. Der Gipfel? Das samstägliche 1:4-Heimdebakel gegen Japan. Unzählige Systemänderungen (Dreierkette, Viererkette, falsche 9 etc.), strittige Personalentscheidungen (u. a. „Kaltstellungen“ von Niklas Süle oder Leon Goretzka) und 25 verschiedene Startformationen in seinen 25 Länderspielen ließen nie eine Hierarchie in der Mannschaft aufkommen.

Auf Problempositionen wie die der beiden Außenverteidiger und des Stürmers fand Flick keine nachhaltige Lösung. Auslöser ist da aber die Nachwuchsausbildung, die zu viele Akteure für wenige Positionen hervorbringt, weshalb es ein Überangebot an Innenverteidigern und zentralen Mittelfeldspielern gibt, aber Spieler für andere Schlüsselpositionen eben Mangelware sind. Auch interne Verbandsstreitigkeiten und Führungsschwäche müssen vom DFB gelöst werden, nicht vom Teamchef. „Vielleicht glauben wir, dass wir besser sind. Aber wir sind einfach nicht gut genug. Das ist die Realität“, sagte Kapitän Ilkay Gündogan. Der Barcelona-Star ließ wie seine Nebenmänner, die für Klubs wie Bayern, Real Madrid, Dortmund oder Arsenal spielen, nie erkennen, dass ihnen ein anständiger Auftritt im DFB-Trikot wichtiger sei als eine mögliche Verletzung. Die Anstellung bei Topklubs reicht nicht, ein Team muss als Kollektiv funktionieren. Das schafft Deutschland seit Langem nicht mehr.

Nagelsmann, Sammer oder Glasner als Nachfolger?

Ein ratloser Flick meinte nach dem Japan-Spiel: „Wir haben nicht die Mittel, um eine kompakte Defensive auszuspielen.“ Damit war auch sein Schicksal besiegelt. Nach einem Training am Sonntag stellte der DFB ihn und seine Co-Trainer Danny Röhl und Marcus Sorg mit sofortiger Wirkung frei – als ersten Bundestrainer in der Historie. „Die Nationalmannschaft benötigt einen neuen Impuls. Wir brauchen mit Blick auf die EM eine Aufbruchstimmung“, erklärte DFB-Präsident Bernd Neuendorf – neun Monate vor der EM in Deutschland.

Im Testspiel gegen Frankreich am Dienstag in Dortmund wird Sportdirektor Rudi Völler mit Hannes Wolf und Sandro Wagner interimistisch als Trainer agieren. „Wir müssen jemanden holen, der kurzfristig unsere Mannschaft neu ausrichtet und das Team auf das Niveau hebt, das man von ihr kennt und erwartet“, sagt Völler. Als mögliche Nachfolger gelten Julian Nagelsmann, Matthias Sammer, Jürgen Klopp, Louis van Gaal und der Österreicher Oliver Glasner. Allerdings gab es bislang nur Deutsche als Bundestrainer.