Am Sonntag sind es genau noch acht Wochen, bis Österreichs Fußballteam sein erstes Auswärtsspiel in der EM-Qualifikation bestreitet. In Haifa wartet Israel – inklusive der rot-weiß-roten Abordnung rund um Teamchef Andreas Herzog und Sportdirektor Willi Ruttensteiner. Letzterer führt seit 1. Juli 2018 die Geschicke im israelischen Fußball.
„Bis jetzt gefällt es mir sehr gut. Das Land hat so viel zu bieten. Es ist ein Paradies, was die Kultur, die Kulinarik und die Religion betrifft“, sagt der Oberösterreicher, der in Herzlia ein Apartment im selben Haus wie Herzog bezogen hat. „Aber das Wichtigste ist, dass ich dem Land als Sportdirektor meine Handschrift verpasse und wir den Fußball auf eine andere Ebene bringen.“
Ruttensteiner darf man durchaus als Experten bezeichnen. Immerhin war er es, der den österreichischen Fußball zwischen 1999 und 2017 als Sportdirektor aus dem Niemandsland in die europäische Spitze führte. „Die Situation ist jetzt ähnlich. Israel liegt auf Platz 90 der Weltrangliste. Das ist im abgeschlagenen Bereich“, sagt der 56-Jährige, dessen Langzeitplan in der Vorwoche vom Präsidium beschlossen wurde.
„Dieser beinhaltet die Verbesserung der Trainerausbildung, eine strukturiertere Talentförderung, die Vermehrung von Spielfeldern, die Reform des Akademiesystems, die Verbesserung des Frauenfußballs, die Einführung von derzeit nicht bestehenden Amateur- bzw. Zweiermannschaften und die deutliche Steigerung der derzeit nur 40.000 registrierten Spieler. Eine größere Basis erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass mehr talentierte Spieler dabei sind.“
Auch kurzfristige Planung
Geduld ist für dieses Konzept vonnöten, wenngleich „jeder weiß, dass man im Ausland nicht lange Zeit bekommt, ohne Erfolg zu haben. Für eine Durchgängigkeit eines neuen Systems braucht es sechs bis zehn Jahre. Diese Geduld sollte man haben. Ob man sie hat, kann ich schwer abschätzen“, sagt Ruttensteiner, der deshalb auch versucht, schon kurzfristig zu optimieren.
Dafür werden „beinahe 100 Prozent“ aller Ligaspiele in Israel von Ruttensteiner, Herzog und Verbandsscouts besetzt. „Es ist einfacher, weil das Land in etwa nur so groß wie Niederösterreich ist.“ Dass mit Manor Salomon (19) ein Talent um sechs Millionen Euro Ablöse zu Schachtar Donezk wechselte, erfreut Ruttensteiner. „Je mehr Spieler regelmäßig auf Topniveau agieren, desto größer ist die Erfolgschance im Team.“
Der Vertrag von Ruttensteiner läuft bis 2020 mit Option auf zweijährige Verlängerung. Ihm ist bewusst, dass eine Kopie des österreichischen Systems nicht funktioniert: „Das, was wir damals gemacht haben, genügt heute nicht mehr. Du musst überall ständig optimieren“, sagt er und hat den Wunsch, „dass einmal gesagt wird, mit Ruttensteiner ist es bergauf gegangen“. So wie in Österreich.