Wer dem Fußball hierzulande eher gleichgültig gegenübersteht, mag die Aufregung nicht so ganz verstehen. Und so ein brisantes Match wie Irland gegen Österreich am letzten Sonntag sahen sich immerhin etwa sieben Millionen Landsleute nicht an. Mögen nun die ohnehin nur 15 Spiele der Champions League (von insgesamt 145), die der ORF pro Saison live überträgt, auch mickrig wirken, mit dem Verlust dieser Rechte ab 2018 geht eine Ära zu Ende: jene des frei verfügbaren Spitzenfußballs im Free-TV.
Ab der übernächsten Saison gibt es das „Konzert der Großen“, wie man die Königsklasse auch nennt, „nur“ mehr bei Abosender Sky und der kostenpflichtigen Streamingplattform DAZN (sprich „Däson“) zu sehen. Nicht nur der ORF hatte im Rechtepoker das Nachsehen, dem ZDF ging es gleich. Auch in Deutschland gibt es die Champions League ab 2018 nicht mehr im Free-TV. Die Kosten haben Dimensionen erreicht, die ein öffentlich-rechtlicher Sender nicht mehr stemmen will oder kann. Bis zu kolportierte 70 Millionen Euro lässt sich das ZDF ein Jahr Champions League noch kosten, der ORF rund fünf. Sky und DAZN sollen nun bereit sein, dem Europäischen Fußballverband UEFA 600 Millionen Euro für drei Saisonen ab 2018 zu bezahlen. Das ist übrigens die Hälfte jenes Preises, den Pay-TV-Sender BT Sport für dieselben Rechte in England bezahlt: 1,38 Milliarden Euro.
Zehn Euro für DAZN, 15 bzw. 30 Euro für Sky
So verkraftet es die UEFA auch leichter, dass ihre Spiele künftig keine zweistelligen Einschaltquoten mehr erzielen werden. Im ZDF verfolgten eine Begegnung der Bayern schon einmal zehn Millionen live, im ORF haben Spiele der Champions League im Schnitt 450.000 Zuseher. Zum Vergleich: In Deutschland hat Sky 4,9 Millionen Kunden, in Österreich etwa 380.000. DAZN schweigt über seine Mitgliederzahlen. Bekannt ist nur, dass Geld für den 2016 gegründeten Konzern keine Rolle spielt. Hinter DAZN steht mit dem Mutterkonzern Perform Group Access Industries des von Russland nach New York übersiedelten Oligarchen Len Blavatnik. Er belegt derzeit mit einem Vermögen von 15,3 Milliarden US-Dollar Platz 53 auf der „Forbes“-Liste der reichsten Menschen der Welt. DAZN besitzt bereits die Übertragungsrechte von großen Fußballligen wie Spanien, England und Italien oder auch den US-Sportligen NBA, NFL und NHL. Ein Abo dafür kostet zehn Euro monatlich. Sky-Kunden bezahlen für die Champions League derzeit 15 Euro (Streaming) bzw. 30 Euro (linear) im Monat.
Beim ORF hat man mit dem Abgang der Champions League ins Pay-TV gerechnet: „Es ist keine Überraschung. Der Trend geht dahin, dem muss man sich stellen“, sagt Sportchef Hans-Peter Trost. Mitgeboten habe man „im Rahmen der Möglichkeiten“. Ob es nach 2021 eine Rückkehr ins frei empfangbare Fernsehen gebe, ist für Trost „eher wenig“ realistisch.
In eine unklare Zukunft blicken Fans der Europa League und der heimischen Fußball-Bundesliga. Die wenig geliebte kleine Schwester der Champions League läuft noch bis 2018 bei Puls 4. Ob der Privatsender auch bei den Rechten darüber hinaus mitbietet, wird nicht kommentiert. Der ORF verzichtet auf jeden Fall.
Bundesliga-Spiele bald auch nur noch online?
Bei der Vergabe um die Bundesligarechte ab der Saison 2018/19 gibt es noch keine Entscheidung. Bis dahin firmieren sie bei Sky (alle Spiele) und dem ORF (ein Spiel pro Runde). Zu den Interessenten zählen nicht nur der ORF, sondern auch „mehrere Pay-TV-Sender“, sagt Bundesligapräsident Hans Rinner. Auch eine künftige Selbstvermarktung durch ein Joint Venture mit einer Onlineplattform ist denkbar.
Dass Österreich nur ein kleiner Fernsehmarkt ist, hat aber auch Vorteile, denn noch hält der ORF ein beachtliches Rechtepaket. Etwa an der Fußball-WM 2018 und 2022, der EM 2020 sowie den Olympischen Spielen bis 2020 und dem Ski-Weltcup bis mindestens 2020.
Christoph Steiner