Natürlich durfte das ein oder andere Selfie nicht fehlen, als Österreichs Fußball-Nationalteamspielerinnen vor dem Abschlusstraining den Rasen des ehrwürdigen Old Trafford in Manchester betreten haben. 75.000 Fans werden das Stadion heute (21 Uhr, ORF 1) füllen, wenn die größte Europameisterschaft aller Zeiten mit der Partie England gegen Österreich eröffnet wird. "Wir sind klarer Außenseiter. Aber das kann ja auch schön sein, ohne Druck zu starten und das Spiel genießen zu können. Ich freue mich auf die Atmosphäre", sagt Österreichs Mittelfeldmotor Sarah Zadrazil. Das heißt aber nicht, dass die Österreicherinnen das Spiel gegen den Titel-Topfavoriten schon vor Anpfiff aufgegeben haben. Das "Theater der Träume", wie die Arena genannt wird, soll für die rot-weiß-rote Mannschaft nicht zum Albtraum werden. Zadrazil: "Wir wollen uns natürlich gut präsentieren. Es ist vieles möglich. Wir haben auch eine gute Mannschaft."
Österreich-Kapitänin Viktoria Schnaderbeck kennt den englischen Fußball, hat sie doch in den letzten vier Jahren für Arsenal und zuletzt Tottenham gespielt. In welchem Bereich sie ihre Truppe gar im Vorteil sieht? "Die spielen zu Hause. Das kann beflügeln, kann aber auch Druck sein, wenn man ihnen die ersten 15, 20 Minuten den Spaß nimmt. Und wenn es auf die Mentalität ankommt, sind wir sicher mehr Mentalitätsspielerinnen als England."
Nichtsdestotrotz steht außer Frage: "Alles andere als ein hoher Sieg wäre für England eine Niederlage", sagt Julia Hickelsberger. Die Offensivspielerin glaubt aber auch, dass "uns das in die Karten spielen kann. Vielleicht können wir ja überraschen".
Im Gegensatz zu den hochsommerlichen Temperaturen in Österreich ist es auf der Insel sehr britisch. Wind, gerade einmal 20 Grad. Ein englischer Sommer eben. Der Fußballabend soll dennoch ein heißer werden. "Ich denke, wir müssen uns darauf einstellen, dass England dominieren wird. Wir wollen aber mutig und mit einer hohen Intensität gegen den Ball auftreten", sagt Österreichs Teamchefin Irene Fuhrmann. Die Atmosphäre, die heute vorherrschen wird, "ist auch für uns Betreuer neu. Wir müssen aber den Fokus auf uns halten und Rahmenbedingungen schaffen, dass die Spielerinnen mit einer gewissen Lockerheit in die Partie gehen können".
Das Interesse am Match ist groß, das Medienaufkommen schon am Tag davor enorm. Das Old Trafford, sonst in das Rot von Manchester United gehüllt, hat auch etwas Farbe bekommen. Orange, Violett, Blau – die offiziellen Euro-Farben – haben auf dem "Sir Alex Ferguson Stand", benannt nach der Trainer-Legende, Einzug gehalten.
Heute steht noch ein "Anschwitzen" am Vormittag auf dem Programm. Die Vorbereitung auf das Spiel soll am Matchtag "nicht anders als sonst sein", sagt Fuhrmann. Neben den zahlreichen Starspielerinnen im englischen Team (siehe Seite 48/49) sitzt mit Sarina Wiegman auch ein Star auf der Betreuerbank. Die Niederländerin gewann vor fünf Jahren mit dem Team ihrer Heimat den EM-Titel im eigenen Land. Seit September 2021 betreut sie die "Lionesses" und hat noch kein Spiel als England-Teamchefin verloren.
Diese Erfolgsserie könnte heute Abend ruhig enden. Da sind sich die Österreicherinnen und alle Fans einig.