Wenn der albanische Glaube Berge versetzen kann. Ich weiß nicht ob es tatsächlich so war, aber mir wäre, als hätte ich nach dem fulminanten Ausgleich der Rot-Schwarzen in der 95. Spielminute gegen Kroatien ein tektonisches Beben in den albanischen Bergen wahrgenommen. In der Live-Übertragung wackelte die Kamera beim wunderbar herausgespielten Ausgleichstreffer von Klaus Gjasula, der an diesem Tag zum unumstrittenen Helden wurde. Mit Darmstadt zwar sang- und klanglos aus der deutschen Bundeliga abgestiegen, verleiht er den Albanern Flügel, um sich doch noch Hoffnungen auf den ersten EM-Achtelfinaleinzug in der Geschichte des Landes zu machen.

Klaus Gjasula traf ja gleich zweimal in diesem Spiel. Einmal ins eigene und dann ins gegnerische Tor und dies gelang zuvor erst einem Spieler in einem EM-Endrundenspiel. Aber Stopp! Begeben wir uns auf Namen- und Spurensuche, denn ein albanischer Spieler mit Vornamen „Klaus“ ist nicht täglich anzutreffen. Und tatsächlich, der Wikipedia-Eintrag spuckt unter „Persönliches“ nicht nur etwas für Fußball-Feinschmecker, sondern auch für Serien-Fans der 1980er-Jahre aus. Gjasulas Großmutter, steht dort zu lesen, war glühender Fan der der TV- Serie „Schwarzwaldklinik“, die Oma hatte gar ein Faible für den Hauptdarsteller: Klausjürgen Wussow. Logische Folge: Der erste Sohn wurde Klaus genannt, der zweite, raten Sie: Richtig, Jürgen. Wahre Liebe also!

Klaus Gjasula bekam in Deutschland zusätzlich den Spitznamen „Gladiator“ verliehen. Der Grund: der unrühmliche Rekord von 17 Gelben Karten in einer Bundesliga-Saison. Verwarnungen hat es für Albanien auch bei der Euro schon einige gegeben. Aufgrund überbordenden Nationalismus‘ fasste Mirlind Daku zwei Spiele Sperre der UEFA aus. Ein Wink mit dem Euro-Zaunpfahl, dass der Sport immer verbindendes Element bleiben soll.

Feurig wird das Spiel gegen Spanien ohnehin werden, will Albanien ein Stück Fußballgeschichte schreiben. Mit viel Zunder und Selbstbewusstsein startete das Team von Sylvinho & Co in ihre beiden Gruppenspielen, ging sowohl gegen Italien, als auch gegen Kroatien in Führung. Hätte sich wohl keiner gedacht, dass das Team offensiv derart griffig und effizient sein kann. Als krasser Außenseiter in die Hammergruppe B gestartet, wird Albanien kein Jausengegner für Spanien. Ich bin gespannt, wie viele Wechsel Luis de la Fuente im letzten Gruppenspiel vornimmt. Die Spanier, die sich in sämtliche Herzen Europas spielen, müssen das Momentum aufrecht erhalten. Die neu geborene „La Furia Roja“ gegen womöglich heldenhafte Albaner? Ab 21 Uhr die Entscheindung in Gruppe B …

Johnny Ertl (41), Ex-Fußballer mit Stationen bei Sturm, Austria Wien, Crystal Palace, TV-Experte, Forstwirt, Unternehmer

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