Joshua Kimmich (29) könnte eine der Protagonisten des neuen deutschen Sommermärchens bei der Euro 2024 werden. Der variabel einsetzbare Rechtsfuß ist nicht nur im DFB-Team eine absolute Stütze, sondern seit 2015 auch beim FC Bayern München. Seine Treue und sein Vertrauen zum Rekordmeister wurde in diesen neun Jahren zwischenzeitlich enorm auf die Probe gestellt – und zwar während der Corona-Pandemie.

In der ZDF-Dokumentation „Joshua Kimmich – Anführer und Antreiber“, die seit Donnerstag abrufbar ist, spricht Kimmich offen und sehr emotional darüber, was es mit ihm und seinem Umfeld gemacht hat, dass er sich nicht impfen hat lassen.

Kimmich wurde verantwortlich gemacht

Über mehrere Jahre begleitete Journalist Jan Mendelin und sein Team den Defensivallrounder – auch während der Pandemie. Kimmich zählte in den ersten beiden Jahren zu jenem Personenkreis, die der Corona-Schutzimpfung skeptisch gegenüberstanden. Dies hat ihn psychisch schwer belastet, wie in der Dokumentation eindrucksvoll zu sehen ist.

In einem Videogespräch im Dezember 2021 spricht er sichtlich berührt über die Impf-Debatte rund um seine Person. „Am Ende sind wir dahin gekommen, dass es heißt: Es ist die Pandemie der Ungeimpften. Und derjenige, der für die Ungeimpften steht, ist Joshua Kimmich. Also ist auch er für die Pandemie verantwortlich“, sagte der Bayern-Spieler damals.

Er führte weiter aus: „Wo ich mich frage: Ist das meine Aufgabe als Profisportler, Menschen vom Impfen zu überzeugen? Das ist doch die Aufgabe der Politik, der Wissenschaftler, der Experten. Aber doch nicht meine Aufgabe.“

„Es hat ihn fertig gemacht“

Freunde hätten sich in dieser Zeit von ihm abgewandt, beziehungsweise ihm Vorwürfe gemacht. „Das war echt eine brutale Zeit. Wenn du selbst Freunde hast, die einem... ja…“, sagte er im Video, verlor aber kurz die Fassung. Dann sprach er weiter: „... die einem sagen, dass, wenn man sich hätte impfen lassen, wären weniger …“, erneut eine Pause, Kimmich verschwand kurz aus dem Bild.„Also ein Kumpel sagt mir, dass weniger Menschen gestorben wäre, wenn ich mich hätte impfen lassen. Das ist brutal. Wenn du da keine Familie hast, kannst du zerbrechen, klar“, erläutert er schließlich unter Tränen.

Doch nicht nur von manch einem Freund war Kimmich zu dieser Zeit enttäuscht, sondern vor allem von seinem Klub. Von den Bayern hätte er überhaupt keine Rückendeckung für seine Entscheidung bekommen. „Ich habe mich zu lange alleingelassen gefühlt“, klagte er im März 2022. Der Verein hätte während seiner ersten wirklich schwierigen Phase bei den Bayern nicht so reagiert, wie er sich das gewünscht hätte. Kimmich betonte: „Das Vertrauensgefühl, das ich dem Verein gegenüber hatte, ist kaputtgegangen. Ich weiß nie, was an die Öffentlichkeit kommt, wenn ich mit dem einen oder anderen spreche.“

Auch für seine Ehefrau Lina war es sehr belastend, zu sehen, wie die Debatte und die Vorwürfe ihrem Mann zusetzten. „Es hat ihn fertig gemacht“, sagte sie im Herbst 2021. Kimmich überdachte seine Einstellung zur Corona-Schutzimpfung schlussendlich doch noch und ließ sich impfen. Er begründete dies so: „Da stellt man sich schon die Frage, was machst du jetzt? Lässt du dich impfen und kannst wieder Fußball spielen? Oder bleiben die Bedenken und du sitzt Wochen und Monate lang zu Hause? Am Ende des Tages habe ich mich eben impfen lassen.“

Das dachte Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß damals über Ungeimpfte: