Es war eine bemerkenswerte Situation im Spiel zwischen England und Serbien. Sergej Milinkovic-Savic fühlt sich vom Unparteiischen ungerecht behandelt und redet auf den Italiener Daniele Orsato ein. Kapitän Aleksandar Mitrovic eilt zu Hilfe und schickt seinen Mitspieler weg. Warum? Seit dieser Europameisterschaft ist es nur noch den Kapitänen der Mannschaften erlaubt, mit dem Unparteiischen zu sprechen. Ist der Kapitän der Torhüter – wie im Falle von Gianluigi Donnarumma bei Italien – so müssen die Mannschaften vor dem Spiel definieren, wer mit dem Unparteiischen spricht. Im Falle von Italien war das offensichtlich Jorginho.

Ein Bild mit Seltenheitswert: Der Schiedsrichter ist umzingelt von Serben, dann kam Kapitän Aleksandar Mitrovic
Ein Bild mit Seltenheitswert: Der Schiedsrichter ist umzingelt von Serben, dann kam Kapitän Aleksandar Mitrovic © IMAGO / Dave Shopland/shutterstock

Und tatsächlich: Eine Gelbe Karte für Kritik hat es bisher noch nicht gegeben. Es war auch noch nicht der Fall, dass Schiedsrichter von einer Spielertraube umzingelt war. Das Mittel der UEFA greift. Die Argumentation im Vorfeld: Der Schiedsrichter tut sich wesentlich leichter, seine Entscheidung einem Spieler zu erklären, als wenn etwa sieben Spieler auf ihn einreden.

Schon 2021 gab es nicht oft Gelb wegen Kritik

Die Europameisterschaft 2020 – die 2021 gespielt wurde – gab übrigens nicht Anlass für diese klare Regeländerung. Roberto Rosetti, Vorsitzender des Schiedsrichter-Kommitees in der UEFA, war nach der letzten Europameisterschaft sehr zufrieden. „Es gab wenig Grund, die Schiedsrichter zu kritisieren“, sagte Rosetti. 152 Gelbe Karten gab es 2021, 205 waren es noch im Jahr 2016. „Es gab weniger Gelbe Karten für Schiedsrichterkritik“, sagte Rosetti. Der Grund: Das Niveau der Schiedsrichter war hoch, die Entscheidungen meist korrekt.

Eine Entwicklung, die nicht quer durch alle Ligen zu erkennen ist, im Gegenteil. In der Premier League gab es so viele Ermahnungen wegen Schiedsrichterkritik wie lange nicht. Sky Sports hat errechnet: Gab es in der Premier-League-Saison 2022/2023 noch 0,23 gelbe Karten wegen Kritik pro Partie, so ist diese Zahl in der Vorsaison auf 0,72 gelbe Karten gestiegen. Nur Fouls und taktische Fouls wurden häufiger mit Gelb geahndet.

Gut vorstellbar, dass die Regeländerung, die bei der EM Gutes beschert, auch auf die nationalen Ligen ausgeweitet wird.