Nach dem schwärzesten Tag seiner Amtszeit war
das Büro von Joseph Blatter auf dem Zürichberg auch in den frühen Morgenstunden des Samstag  noch hell erleuchtet. Leicht vornübergebeugt stand der
FIFA-Präsident in der Zentrale des wankenden Fußball-Weltverbands hinter seinem Schreibtisch. Ein dauerhafter Verbleib im Amt dürfte dem "Überlebenskünstler" ("Times") aber nur schwerlich gelingen.

"Blatter muss schnellstens gehen", forderte die "Neue Zürcher Zeitung" (Samstag). Und auch UEFA-Präsident Michel Platini steht durch den Erhalt einer Zwei-Millionen-Zahlung von seinem früheren Intimus mächtig unter Druck - auch wenn er von den Schweizer Behörden derzeit nur als "Auskunftsperson" geführt wird.

Ethikkommission stellt Fragen

Nach der Eröffnung eines Strafverfahrens durch die Schweizer Bundesanwaltschaft muss Blatter wie auch der ins Zwielicht geratene Platini nun von der FIFA-Ethikkommission befragt werden. Für eine
sofortige Suspendierung hätte der Schweizer wohl inhaftiert werden müssen, dafür reichten aber offenbar die Anhaltspunkte der Behörden nicht aus. Im Umgang mit der heiklen Personalie Blatter steht nun auch die Glaubwürdigkeit des unabhängigen Ethikgremiums auf dem
Spiel.

Keinesfalls auszuschließen ist, dass der 79-jährige Schweizer aufgrund der Drohkulisse den einzigen Ausweg im sofortigen Rücktritt sieht. Zumindest die erste Reaktion seiner Anwälte deutete jedoch nicht auf einen kampflosen Amtsverzicht noch vor dem geplanten Abgang am 26. Februar beim Wahlkongress hin.

Der von der Schweizer Bundesanwaltschaft beanstandete Vertrag für Übertragungsrechte für die WM in Südafrika sei "von den Mitarbeitern korrekt vorbereitet und verhandelt worden", ließ sein Rechtsvertreter verlauten. Gegen Blatter wird wegen "Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung" und Veruntreuung ermittelt. Kein Wort verlor US-Anwalt Richard Cullen hingegen zur pikanten Zahlung von Blatter an Platini.