Von Deutschland, wo der Holländer Leo Beenhakker seine Polen auf die EM hingetrimmt hatte, ist Österreichs Gruppengegner nach Bad Waltersdorf gezogen. Logieren dort, wo normalerweise Erholung angesagt ist: im bekannten Wellness-Hotel "Steirerhof". Trainiert wird auf dem Sportplatz einige Hundert Meter darunter hinter verschlossenen Türen und Zäunen. Mit dabei ist auch ein "Sambatänzer". Nicht zur Aufheiterung, sondern als Verstärkung: der Brasilianer Roger Guerreiro wurde im Eilverfahren für die EM eingebürgert. Staatspräsident Lech Kaczynski, selbst ein großer Fußballfan, überreichte dem Brasilianer höchstspersönlich den polnischen Pass. Seither wird er von seinen Kollegen "Jasiek Rogerski" genannt. Wenn es um Fußball geht, greifen die Polen eben zu außergewöhnlichen Mitteln.

Moderner Prozess. Der in Sao Paulo geborenen Offensivmann kam Ende 2005 zu Legia Warschau und schlug dort wie eine Bombe ein: schon ein halbes Jahr später durfte sich die Hauptstadt-Mannschaft als polnischer Meister feiern lassen. Beenhakker schätzt die fußballerischen Qualitäten des 26-jährigen, der meist im linken Mittelfeld oder hinter den Spitzen überaus kreativ agiert. Der Holländer, der viel auf der Welt herumgekommen ist und bei der letzten WM in Deutschland Trinidad-Tobago betreut hatte, unterstützt die Integration von Ausländern in fremde Nationalmannschaften als modernen Prozess im Fußball.

Nicht alle applaudierten. In Polen selbst haben der Einbürgerung des Brasilianers nicht alle applaudiert. Zbigniew Boniek, das Aushängeschildschild der 80er-Jahre, stört, dass Guerreiro kein Polnisch könne. Und beim letzten Ligaspiel breiteten Anhänger über die halbe Tribünenlänge ein Transparent aus: "Du wirst nie ein echter Pole werden. "Das braucht der Brasilianer nicht. Sollte er am Sonntag in Klagenfurt die polnische Mannschaft zum Sieg über Deutschland führen, dürfte seine Blitzeinbürgerung wohl kein Thema mehr sein. Schließlich haben die Polen den schon vor Jahren eingebürgerten Nigerianer Olisadebe ebenfalls lieb gewonnen . . .