Teamchef Josef Hickersberger hat seinen ersten EM-Kader - mit 31 Mann - präsentiert. Als Sie die Namen hörten, was war da Ihr erster Gedanke?
Heribert Weber: Ich habe mich sehr gefreut, dass es für Ivo Vastic letztendlich doch noch geklappt hat. Mein kleiner Einwand: Wenn es zum Ernstfall kommt, muss Ivo seine Mitspieler gut kennen. Darum hätte ich mir gewünscht, dass Vastic schon zwei Spiele früher, also gegen Deutschland, ins Team zurückgekehrt wäre.

Welches Anforderungsprofil hat Ivo Vastic erfüllt?
Heribert Weber: Teamchef Hickersberger hat gesagt, er hat nicht die Besten, sondern die Richtigen einberufen. Auf Vastic trifft zweifelsohne beide zu. Er ist nach wie vor einer der Besten, er ist für alle Aufgabenbereiche einer der Richtigen.

Wie kann sich Vastic am besten im Team einbringen?
Heribert Weber: Im Team gibt es viele unroutinierte Spieler, die noch nie bei einem so großen Ereignis, wie die EM ist, dabei waren. Vastic kann den Jungen den Rücken stärken. Er hat in seiner Karriere schon viel ausgeteilt, aber auch viel eingesteckt. Wenn er will und man ihn lässt, kann er sowohl außerhalb auch innerhalb des Feldes sehr viel einbringen.

Wer fehlt Ihrer Meinung nach im 31-Mann Kader?
Heribert Weber: Als Steirer muss ich sagen: Wäre ich der Teamchef, hätte ich auch Mario Hass nominiert. Er hat von seiner Schnelligkeit nichts verloren, er kann nicht nur Tore schießen, sondern auch vorbereiten. Und vor allem ist er ein Stürmer, der in die Tiefe gehen kann. Für diese Aufgabe haben wir im Team nur noch Rapid-Stürmer Erwin Hoffer. Marios Pech war, dass Sturm insgesamt im Frühjahr nicht so erfolgreich gespielt hat.

Mario Haas ist nicht dabei, auch Paul Scharner wurde nicht berücksichtigt. . .
Heribert Weber: Was zwischen Scharner und Teamchef Hickersberger vor zwei Jahren wirklich vorgefallen ist, weiß ich nicht. Ich kenne die Wortwahl nicht. Aber Hickersbergers Entscheidung nach Wigan zu fliegen, war die falsche. Ich weiß nicht, was sich der Teamchef von dieser Reise erwartet hat. Hätte er Scharner nicht besucht, wären die Wogen nicht so hoch gegangen. Sein Besuch in Wigan hat Scharner falsche Hoffnungen gemacht. Das hätte sich Hickersberger sparen können.

Bei Pogatetz und Vastic ist Hickersberger über seinen eigenen Schatten gesprungen, oder?
Heribert Weber: Ja, bei diesen beiden Spielern hat er seine Meinung in positiver Art und Weise verändert.

Wäre eine Teamchef Heribert Weber bei Paul Scharner über seinen Schatten gesprungen?
Heribert Weber: Als Trainer habe ich immer Spieler akzeptiert, die auch Reibepunkte sind und nicht nur Harmonie verbreiten. Paul Scharner ist so ein Reibepunkt. Es besteht natürlich die Gefahr, dass dieser Charakterzug den einen oder anderen Spieler blockiert. Aber ein schwieriger Charakter war mir als Trainer stets willkommen. Diese Spieler haben immer Mut gezeigt und setzen auf dem Spielfeld Dinge um, die eben Courage verlangen.

Beim gestrigen Besuch in der Kleinen Zeitung durften Sie den EM-Pokal bestaunen. Wer wird die Trophäe am 29. Juni im Ernst-Happel-Stadion in Wien in Händen halten?
Heribert Weber: Ich sehe es so: Die Deutschen haben noch nie so eindeutig zum Favoritenkreis gezählt, wie diesmal. Sie sind mehr zu favorisieren, als alle andern Teams.

Wie begründen Sie das?
Heribert Weber: Die deutsche Nationalmannschaft hat sich nach der WM vor zwei Jahren hervorragend weiterentwickelt. In dieser Mannschaft steckt nicht nur Klasse und Aggressivität, da gibt es auch viele Freundschaften. Und das war ja bekanntlich nicht immer so. Was noch dazu kommt: Mit Podolski, Kuranij, Klose und Gomez haben die Deutschen vier absolute Topstürmer. Das hat kein anderes Land.