Mit dem 1. FC Köln sind sie zu Gast, als ehemaliger Austria-Trainer kennen Sie den heimischen Fußball-Boden. Ist der für die Euro 2008 aufbereitet?
CHRISTOPH DAUM: Die Gastfreundschaft hier war perfekt, man hat uns alle Wünsche erfüllt. Wenn es um den sportlichen Teil geht, sehe ich das differenziert.

Sie meinen die Diskrepanz zwischen den Leistungen des Nachwuchses und der Nationalelf?
DAUM: Genau. Der österreichische Fußball-Nachwuchs ist unglaublich talentiert. Was das Nationalteam angeht: Ich kenne Hickersberger gut - er wird sicher das volle Potenzial des Teams bis zur Euro aktivieren.

Ihre Prognose?
DAUM: Keine. Aber mit den Fans im Rücken kann ein Team ungeahnte Kräfte freisetzen.

Warum kommen junge Talente in Österreich nur auf der Ersatzbank zum Einsatz?
DAUM: Einen Platz in der Kampfmannschaft muss man sich erarbeiten. Es zählt die Leistung.

Niemand kann erwarten, dass ein junger Spieler als Star geboren wird.
DAUM: Das ist in Österreich das Problem: Die Spieler müssen um ihren Platz gegen ältere, durchschnittliche, aber erfahrenere Legionäre kämpfen. Wenn einer im Training hart arbeitet, muss man ihm die Möglichkeit geben, diese Erfahrung zu sammeln.

Frank Stronach hatte die Idee, Talente als Team in der Bundesliga spielen zu lassen.
DAUM: Und er hat damit Recht! Leider kommt bei solchen Vorschlägen der "Stronach-Faktor" dazu.

Wie bitte?
DAUM: Ganz einfach: Wenn Stronach etwas sagt, sind in Österreich einmal automatisch 90 Prozent dagegen. Weil er Frank Stronach ist. Hört doch mal auf ihn!

Sie befürworten seine Idee?
DAUM: Ja, weil sie die Lösung für das schon angesprochene Problem der mangelnden Erfahrung sein könnte.

Die WM 2006 war das Sommermärchen - in Österreich blickte man neidvoll nach Norden, die Deutschen wurden sympathisch. Was für eine Euro wird das für Österreich?
DAUM: (lacht) Vielleicht die, bei der ihr Österreicher euren "Kleiner-Bruder-Komplex" ablegt. Ihr habt alle Voraussetzungen: Gastfreundlichkeit, ein schönes Land - eine eigene liebenswerte Kultur, die Leute werden sich hier wohlfühlen.