Herr Prohaska, die ganze Welt redet von der schwierigen wirtschaftlichen Situation und im Fußball werden bei internationalen Transfers die Dimensionen gesprengt. Wie kann man das erklären?
Prohaska: Wenn man nur die Transfers hernimmt, dann ist es wirtschaftlich vertretbar. Egal wie viel sie kosten, dieses Geld kommt zu einem Vielfachen wieder zurück. Weil die Spieler meist zumindest 50 Prozent ihrer Werberechte abtreten, es gibt unter anderem auch den Merchandisingverkauf mit Trikotverkauf. Das Negative ist, dass diese Preise auch alle anderen Transfers in die Höhe treiben. Für Ibrahimovic verlangt Inter schon 90 Millionen. Es werden dann Spieler, die vielleicht einen Marktwert von 15 oder 20 Millionen haben, nur mehr um 40 oder 50 zu haben sein. Das wird eine Preistreiberei, die von verschiedenen Clubs nicht mehr zu bezahlen ist.

Real Madrid will insgesamt 200 oder 300 Millionen investieren - auch da ist die Rechnung für den Verein noch positiv?
Prohaska: Wenn sie solche Spieler wie Kaka und Cristiano Ronaldo kaufen schon. Aber Real war vor einigen Jahren hoch verschuldet, hat das Glück, dass sie das Aushängeschild des spanischen Fußballs sind und da geht die Stadt halt einmal her und kauft ihnen das Trainingszentrum ab. Das Zentrum ist beispielsweise - die genauen Zahlen kenne ich nicht - 200 Millionen Wert und die Stadt sagt, wir geben euch 400. Damit ist Real wieder schuldenfrei und baut sich ums restliche Geld wieder ein Trainingscamp und in ein paar Jahren wird das Spiel wieder gespielt. Bei Real gibt es keinen Konkurs, weil das Land und die Stadt dahinter sind. Real Madrid, das ist wie bei uns Schönbrunn, die Oper, die Lipizzaner. Ich sage jetzt ein Beispiel, von gar keinem großen internationalen Spieler. AS Roma hat vor einigen Jahren den Japaner Nakata gekauft. Sie haben innerhalb von vier Monaten 1,2 Millionen Roma-Trikots mit dem Namenszug Nakata in Japan verkauft, und so ein Trikot kostet um die 100, 120 Euro. Also jetzt kann man sich einmal vorstellen, was jetzt vom Cristiano Ronaldo gekauft wird.

Also muss man Real-Präsident Perez dankbar sein, dass er "Die Galaktischen zwei" macht?
Prohaska: Es ist ja trotzdem schön für einen Fußball-Fan, wenn ich die sehe. Ich freue mich auf Real Madrid mit Kaka und Ronaldo und wahrscheinlich werden noch Zwei kommen. Aber moralisch ist das schon eine schwierige Sache. Natürlich kann kein Mensch so viel Geld wert sein.

Milan will die Gehälter um 30 Prozent kürzen, ist das auch für solche Clubs ruinös?
Prohaska: Ich habe das von Milan auch gelesen und das amüsiert mich sehr, weil ich wüsste nicht wie sie das anstellen sollen. Weil es wird sich kein Profi bei Milan in einem laufenden Vertrag 30 Prozent seiner Gage wegnehmen lassen. Nach außen hin klingt das gut, wird aber so nicht stattfinden. Vielleicht fragen sie die Spieler, dann müssten sie ihnen aber sehr genau erklären, dass sie große Schwierigkeiten haben. Und das wird Besitzer Berlusconi nicht zugeben. Maldini, der nach 24 Jahren bei Milan aufgehört hat, hat gesagt, es ist noch nie vorgekommen, dass Milan einen der besten Spieler verkauft. Das ist das erste Signal, die Italiener kommen da nicht mehr mit.

Und England?
Prohaska: In England gibt es die höchsten Fernsehgelder, deshalb verdient man auch derzeit und in den letzten Jahren in England am meisten. Viele Spieler wollen nach Spanien, weil in den ersten vier Jahren müssen Ausländer nur 25 Prozent Steuer bezahlen. Wobei es dem Spieler wurscht ist, weil die Steuer müssen die Vereine bezahlen, weil die Spieler machen nur Netto-Verträge.

Man hört immer wieder den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung. Wie kann man das in den Griff bekommen? Machen ein "salary cap" (Gehaltsobergrenze) oder eine Lizenzierung Sinn?
Prohaska: Sinn würde es möglicherweise schon machen, aber es ist nicht durchführbar. Das einzige was durchführbar ist, dass die UEFA eine Grenze setzt, wie hoch die Schulden sein dürfen. Und wenn dieser Schuldenberg überschritten wird, dann muss man dem Verein Auflagen erteilen. Bayern München, die haben natürlich keine Freude, dass es in England ein Vielfaches an Fernsehgeldern gibt, dass in Spanien der Steuersatz anders ist. Aber was sollen wir dann in Österreich sagen? Gegen Österreich sind die Bayern die Großen. Sollen wir sagen, die dürfen auch nur so viel ausgeben wie wir? Es wird immer so sein und war auch immer so, dass die Clubs, wo das große Geld ist, die Topvereine sind, die um die großen Titel spielen. Aber es wäre völlig falsch, alles zu limitieren.

In Österreich sind mit Dietrich Mateschitz bei Salzburg und Frank Stronach bei Wiener Neustadt zwei Milliardäre im Fußball engagiert. Und trotzdem macht es den Eindruck, dass heuer ein bisschen aufs Geld geschaut wird. Ist das eine Momentaufnahme oder hat ein Umdenken stattgefunden?
Prohaska: Zum einen muss man sagen, dass die Transferzeit erst begonnen hat und da kann noch einiges kommen. Bei Stronach war es klar, dass es mit Wiener Neustadt was Kleineres wird als bei der Austria. In Salzburg ist es anders. Salzburg wird jetzt wieder fünf, sechs neue Spieler holen. Das Problem ist, Salzburg möchte gerne, wie es eben der Didi Mateschitz gewöhnt ist, auf internationaler Ebene eine Rolle spielen, weil es für Red Bull wichtig ist. Aber es gibt jedes Jahr einen Trainerwechsel und eine Fluktuation an Spielern. Wir haben in Österreich eine nur zweiwöchige Sommerpause, und in wenigen Wochen fängt schon wieder die Champions League an. Und wenn du jedes Mal einen anderen Trainer hast und die halbe Mannschaft neu ist und du musst in wenigen Wochen schon wieder die wichtigsten Spiele der Saison spielen, dann ist das kein guter Weg, dann braucht man wirklich das Glück, das man reinrutscht. Aber wirklich was aufbauen in der kurzen Zeit kann der beste Trainer nicht.

Also Sie hätten nicht den Trainer gewechselt?
Prohaska: Ich glaube, dass beide (Adriaanse und Stevens, Anm.) sehr gute Trainer sind. Aber das Problem ist, und deswegen mag ich auch nicht mehr Trainer sein: Ich sehe immer ein, dass du als Trainer gehen musst, wenn du keinen Erfolg hast. Aber wenn du souverän Meister wirst, die Mannschaft die meisten Tore schießt und einen offensiven Fußball spielt, und nur weil du vielleicht sagst, ich geh nicht zur Pressekonferenz, deshalb musst du gehen, dann bin ich froh, dass ich nicht mehr Trainer bin, weil das versteh ich nicht mehr.