Wenn man Jürgen Klopp die Hotel-Lobby in Stegersbach entlang spazieren sieht, könnte man meinen, er wäre auf Urlaub in Österreich und nicht als Trainer des Bundesliga-Klubs Borussia Dortmund, so entspannt wirkt er. Nach einem kurzen "Hallo" lässt er sich in das Ledersofa fallen und eröffnet mit einem "Sie können mich alles fragen" das Gespräch.

Herr Klopp, Sie sind in Deutschland längst eine Kult-Figur. Wie lebt es sich damit?

JÜRGEN KLOPP: Mit Kult kann ich nichts anfangen. Ich habe ein relativ gutes Standing bei den Dortmunder Fans. Aber Kult? Es gibt bestimmt genug Leute, die mich für einen Klugscheißer halten. Das bin ich aber genauso wenig wie Kult. Ich kann die Meinung anderer sehr gut akzeptieren. Aber als öffentliche Person wird man eben ständig eingeschätzt.

Die Einschätzung könnte mit Ihrer lockeren Art zu tun haben. KLOPP: Ich bin grundsätzlich freundlich, bis mir einer unfreundlich kommt. Außerdem bin ich bei einem fantastischen Klub, werde sehr gut bezahlt und die Arbeit mit unseren vielen jungen Spielern macht unheimlich Spaß. Also wenn ich da nicht gut gelaunt wäre, wäre ich ja ein Idiot.

Sind Sie als Trainer der Kumpel, als der Sie rüberkommen? KLOPP: Kumpel? Nein. Ich habe kein Problem damit, ein angenehmer Zeitgenosse zu sein. Aber ich erwarte alles von den Spielern. Im Spiel müssen sie 100 Prozent geben. Für weniger habe ich kein Verständnis. Dafür gebe ich ihnen aber alles, was ich an Vertrauen, an Wissen geben kann. Ich kann aber auch ausrasten.

Wie sieht das dann aus? KLOPP: Da bekomme ich am Hals eine relativ dicke Ader, so Gartenschlauchgröße. Man kann das dann von Weitem sehen, auch wenn man es nicht hören kann. Passieren tut das bei fehlender Leistungsbereitschaft, bei fehlender Disziplin. Oder wenn jemand das Vertrauen, dass ich ihm oder ihr entgegen gebracht habe, missbraucht hat.

Passiert das in Dortmund oft? KLOPP: Ganz, ganz selten. Ich verteile unendlich viele Chancen an den Menschen, der vor mir steht. An den Spieler deutlich weniger. Der sollte es beim zweiten Mal begriffen haben, denn die Leistungsdichte ist sehr hoch.

Schalke-Coach Felix Magath spricht kaum mit den Spielern. Welchen Umgang pflegen Sie? KLOPP: Einen lockeren. Die Jungs können sich im Rahmen der Regeln sehr frei bewegen. Das finde ich sehr wichtig. Denn es gibt ja auch auf dem Platz Situationen, die ich nicht vorgeben kann, weil sie nicht zu erahnen waren.

In Dortmund spielen sie ständig vor fast 80.000 Fans. Wie lebt es sich mit dem Druck? KLOPP: Druck lösen die Fans bei mir überhaupt keinen aus. Weil der Deal ganz einfach ist: Wir gehen raus und geben alles und dann sind die Leute sofort da.

Wenn es nicht läuft, muss aber meist der Trainer gehen. KLOPP: Ja, klar. Aber damit kann ich gut leben. Mein Selbstvertrauen ist auch nicht sooo gering. Ich denke eher, die wären schön blöd, wenn sie mich rauswerfen würden (lacht).

Woher kommt dieses entspannte Wissen um die eigenen Fähigkeiten? KLOPP: Ich habe mich im Laufe meines Lebens lange mit dem Spiel an sich beschäftigt. So, dass Sie mir keine Frage stellen können, auf die ich keine Antwort weiß. Dadurch habe ich das Gefühl, keiner kann mir etwas vormachen.

Dortmund setzt auf junge Spieler. Haben Sie auch einen Österreicher im Auge? KLOPP: Nein. Arnautovic wäre interessant gewesen, aber den konnten wir uns nicht leisten.