Interviewtermin mit Peter Pacult. Mit Rapid-Trainer Peter Pacult, der sich schon mit so manchem Reporter brutale "Zweikämpfe" geliefert hat, verbale Schienbeintritte, Ellbogenchecks und versteckte Fouls von hinten inklusive. Doch der frühere Briefträger, der mit 16 schon Vater wurde, kann auch anders. Mit der Kleinen Zeitung lieferte sich der "Grüne" bei einer Tasse grünem Tee ein 90-minütiges "Match". Und jetzt Achtung: Gut gelaunt.

Peter Pacult plauderte über seine Aversion gegen Schickimicki-Termine, seine Qualitäten als Steh-Tänzer und seinen Ruf als "Kinderschreck".

Herr Pacult, wie ist Peter Pacult wirklich?

PETER PACULT: Authentisch, als Trainer und Mensch. Einer, der versucht, ehrlich zu sein. Auch wenn es schwierig ist im Fußballgeschäft.

Wie meinen Sie das?

PACULT: Wenn ich mich mit Trainerkollegen unterhalte und wenige Minuten später stehen die dann vor der TV-Kamera beim Interview, dann denke ich mir oft: Ist das jetzt derselbe, mit dem du vorhin gesprochen hast? Oder ist das sein Bruder?

Ist Ihre berühmte "Wiener Gosch'n" ein Nachteil?

PACULT: Nein, die brachte mir mehr Vorteile. Ich habe nie eine Schleife gebraucht, um der Kapitän zu sein.

Ein geborener Häuptling!?

PACULT: Das war immer so. Das hat in der Schule angefangen. Ich war ein Aufmüpfiger.

Obwohl Sie schon mit 16 Jahren enorme Verantwortung übernehmen mussten - als Jungvater.

PACULT: Das prägt. Du bist selbst noch ein Kind und hast ein Kind. Das Leben hat sich geändert. Wir hatten kein Geld, mussten eine Wohnung suchen und meine Frau war noch in der Ausbildung.

Spielt Ihr Sohn Fußball?

PACULT : Nein, das hat sich nie ergeben. Du hast ihm den Ball hingerollt und er hat ihn rollen lassen. Das war's.

Ist das für einen Vater, der Fußballer ist, nicht schade?

PACULT: Nein, vielleicht war ich aber auch zu jung. Als er drauf gekommen ist, dass er Fußball spielen will, hat die Motorik nicht gepasst. Er ist ein besserer Schifahrer.

Von Ihrer Familie weiß man ansonsten sehr wenig.

PACULT: Das will ich so. Man sieht mich auch kaum bei Seitenblicke-Events. Ich bekomme zwar viele Einladungen, nehme aber nur etwa ein Prozent wahr. Ich fühle mich auf diesem Parkett einfach nicht wohl. Ich sage sicher zum richtigen Zeitpunkt den falschen Satz. Ich treffe mit einem Satz aber oft ins Schwarze. Und davor habe ich Respekt.

Auf diesem Parkett fühlen Sie sich nicht wohl. Wie sieht es mit dem Tanzparkett aus?

PACULT (schmunzelt): Super, ganz super. In letzter Zeit tanzen meine Frau und ich viel, aber ich steh nur da und wackle so hin und her. Meine Frau kann das allein. Sie war Turniertänzerin.

Sie sind bald 51. Haben Sie Angst vor dem Alter?

PACULT: Ich hab Angst vorm Sterben. Ich lebe einfach zu gern.

Beste Voraussetzungen für die Opa-Rolle.

PACULT: Nicht wirklich. Ich bin ein Kinderschreck. Wenn mich die kleinen Nichten oder Neffen sehen, schreien sie. Nur das Kind von Jürgen Patocka ist anders, das lacht.

Der Kinderschreck ist auch ein Journalistenschreck.

PACULT: Ich habe nichts gegen Journalisten.

Obwohl Sie Journalisten als Kasperln bezeichneten?

PACULT: Einige, nicht alle. Es gibt schon den einen oder anderen Fernsehjournalisten, wo ich sage, da wird nicht mehr berichtet, sondern gerichtet. Da kommen oft junge Leute und glauben, sie haben den Journalismus erfunden.

Kritik gehört aber zum Trainergeschäft!

PACULT: Wenn es nicht objektiv ist, kann und will ich mir das nicht gefallen lassen.

Die Sturm-Fans haben sich auch Ihren Mittelfinger gefallen lassen müssen.

PACULT: In derselben Sekunde, in der ich es gemacht habe, war mir bewusst: Das war keine gute Entscheidung. So etwas wird mir nicht mehr passieren.

Also keine schrägen Interviews und keine schrägen Aktionen mehr?

PACULT: Das kann ich jetzt noch nicht sagen.

Wurde Ihnen vom Rapid-Präsidium eine Imagekorrektur nahegelegt?

PACULT: Es gab bis heute noch keine Meldung von oben: Peter, so geht es nicht.

Beschreiben Sie uns Ihr Verhältnis zu den Rapid-Fans.

PACULT: Es gibt eine Gruppe, die wird sich mir gegenüber nie ändern. Das sind Anti-Pacult-Leute. Die werden immer schimpfen, bis ich tot bin. Das grundsätzliche Verhältnis Pacult und Fans war nie schlecht.

Und wie ist das Verhältnis zu den Spielern?

PACULT: Ich bin einer, der versucht, zu den Spielern ehrlich zu sein.

Haben Sie es gerne, wenn es in der Mannschaft "knistert"?

PACULT: Das ist immer so. Du hast etwa 20 Leute und jeden Tag hat ein anderer ein Problem. Als Trainer bist du täglich als Teambuilder gefragt.

Sind die Spieler heute zu verweichlicht?

PACULT: Ich kann das weder Bejahen noch Verneinen. Aber die Einstellung zum Fußball hat sich geändert. Vor zehn Jahren haben 15 von 20 Spielern ein WM-Spiel angeschaut, heute sitzen fünf von 20 vor dem Fernseher.

Warum ist das so?

PACULT: Vielleicht hat es mit der Familie zu tun. Vielleicht nehmen die Frauen und Freundinnen die Spieler mehr in Anspruch.

Sie waren einst Fußballer, Vater und Postler in Personalunion.

PACULT: Das war eine schöne Zeit. Zuerst war ich im Innendienst, dann Briefträger. Das hat mir getaugt. Aber der Quelle-Katalog war damals ja nur fünf Seiten dick. Heute haben es die Zusteller viel schwerer.

Zurück zum Fußball. Wer wird in dieser Saison Vizemeister?

PACULT: Einer von den neun Klubs, die nicht Erster sind.

Fragen wir anders. Wer ist am Ende vor dem Vizemeister?

PACULT: Jede Mannschaft von den vier Großen hat den einen oder anderen Abgang zu verzeichnen. Salzburg hat Leute verloren, die Austria, wir haben mit Boskovic einen Spieler verloren, Sturm hatte mit Hlinka, Jantscher, Kandelaki, Lavric einen großen Aderlass. Man wird sehen, wer das am besten kompensieren kann. Dass Salzburg natürlich mehr finanzielle Möglichkeiten hat, steht außer Frage.

Rapid ist also erster Salzburg-Jäger?

PACULT: Rapid hat immer den Anspruch, ganz oben zu stehen. Bei der Fanklub-Sitzung redet keiner über Platz zwei, Platz eins wird erwartet.

Geht es nach den Fans, muss Rapid also Meister werden. Und Ihre Ziele?

PACULT: In der Meisterschaft Platz eins bis drei. In der Europa League brauchst es das nötige Losglück. Und den österreichischen Cup wollen wir auch wieder einmal holen. Es gibt viel zu tun.