Die Schweiz: präzise, wenig emotional, analytisch. So kennt man sie, doch am Tag des entscheidenden Weltmeisterschaftsspiels gegen Honduras war alles anders. Das Public Viewing im Hof von Schloss Köniz in Zürich war seit Tagen ausverkauft, obwohl der Eintritt 20 Franken (rund 15 Euro) kostete. In der ganzen Stadt waren Plätze vor den Fernsehern und Großbildleinwänden rar, in Schrebergärten gab es Grillpartys - natürlich mit TV-Geräten. Die Straßenbahnen mussten kürzere Anbindungen fahren, weil Massen von Fußballfans große Plätze in Beschlag genommen hatten. Die Leute malten sich das Schweizerkreuz auf die Wangen, vornehmlich der weibliche Teil der Fans. Jeder hatte zumindest irgendein Utensil, das ihn als Schweizer erkenntlich machte. Doch als das Spiel begann, war sie wieder da, die Schweizer Zurückhaltung.

Keine Fangesänge und Anfeuerungen, aber auch keine missmutigen Unmutsäußerungen bei misslungenen Aktionen. Lediglich die Schüsse aufs Tor - auch wenn sie vier Meter über das Tor gingen - wurden mit "Ahh, ohh"-Rufen bedacht und immer wieder auch mit Applaus. Nicht alle nahmen Anteil, am angrenzenden Beachvolleyballplatz ging es während der gesamten Partie mit mindestens so viel Eifer zur Sache wie beim Schweizer Fußballteam.

Ruhig, sachlich, präzise

Lange Zeit hatten die Menschen Hoffnung, denn als Spanien mit 2:0 voran lag, hätte ja ein einziges Tor zum Aufstieg genügt. Es wollte nicht gelingen und in der zweiten Hälfte wurde es zusehends ruhiger. Als das Ausscheiden des Teams besiegelt war, reagierte der Schweizer, wie man es sich von ihm vorstellt: ruhig, sachlich, präzise. Und er ging nach Hause. Am Bahnhof Zürich erfreute sich ein einsamer Vuvuzela-Bläser daran, dass er seinem Instrument Töne entlockte, die Massen nahmen daran keinen Anteil. Sie gingen ihrer Wege.

Am Morgen danach waren die Schweizer schon wieder fröhlich. Die Presse analysierte nüchtern. "Aus der Traum" titelten gleich zwei Zeitungen, "C' est Fin" (Das Ende) schrieb Le Matin in Riesenlettern. Der Tagesanzeiger war im Aufmacher wortreicher: "Am eigenen Unvermögen gescheitert".