In Ihrem Fall muss man wohl mit der ganz banalen Frage beginnen: Wie geht es Ihnen denn heute?
EDDIE GUSTAFSSON: Gut. Es geht mir wirklich gut. Ich bin sehr zufrieden damit, wie sich alles entwickelt hat. Mein Bein funktioniert wieder zu 200 Prozent. Der Knochen ist sehr gut verheilt. Lediglich der Muskel ist noch nicht ganz dort, wo ich ihn gerne hätte. Das merke ich bei der Sprungkraft.

Wenn man über ein halbes Jahr nicht spielen kann, geht da bei einem Tormann irgendetwas verloren?
GUSTAFSSON: Nichts Dramatisches. Lediglich das Timing verliert man vielleicht ein bisschen. Aber selbst da bin ich überrascht, wie locker das wieder geklappt hat. Ich habe sechs Monate alleine trainiert, fürchterlich, kann ich Ihnen sagen. Seit zwei Wochen arbeite ich nun wieder mit der Mannschaft und muss sagen, viel ist nicht verloren gegangen.

Worauf konzentriert sich in so einer Zeit das Training?
GUSTAFSSON: Fangen, fangen, nichts als fangen. Den ganzen Tag. Tagelang. Und Stundenlang.

Die Fernsehbilder waren fürchterlich. Wann haben Sie sich die ganze Szene zum ersten Mal angeschaut?
GUSTAFSSON (lacht): Ach, ziemlich schnell danach. Und seither auf You-Tube sehr, sehr oft. Damit habe ich keine wirklichen Probleme. Im Gegenteil, ich wollte ja selbst ganz genau sehen und wissen, was passiert ist.

Wenn Sie an den Augenblick zurück denken, wissen Sie noch, was Ihnen da durch den Kopf geschossen ist?
GUSTAFSSON: Ich habe natürlich sofort gespürt, was los ist. "Scheiße, jetzt ist mein Bein kaputt", war der allererste Gedanke. Dann geht dir natürlich sehr, sehr viel durch den Kopf. Die Frage, wie lange das alles dauern wird, wie lange ich nicht Fußball spielen kann, das hat mich am meisten beschäftigt. Diese Momente waren nicht sehr lustig.

Dass alles vorbei sein könnte, dass man womöglich gar nicht mehr spielen kann, daran denkt man auch?
GUSTAFSSON: Nein, niemals. Keine einzige Sekunde habe ich an so etwas gedacht. Zumindest nicht unmittelbar danach. Aber vielleicht will man sich damit auch selbst schützen, indem man derartige Gedanken gar nicht an sich heran lässt. Man würde es vermutlich zuerst ohnehin nicht wahrhaben wollen.

Und später? Ich meine, bei der Rehabilitation wird es ja auch schwierige Tage und Rückschläge gegeben haben?
GUSTAFSSON: Natürlich hat es die gegeben. Du hast Schmerzen, der Aufbau, das Training machen nicht die Fortschritte, die du dir vorstellst. Da waren auch schwierige Phasen. Du wirst ungeduldig. Du hast ein Problem, das nächste Problem. Doch, doch, ich glaube, da habe ich manchmal tatsächlich um meine weitere Karriere gebangt. Hatte Angst, es könnte womöglich nicht mehr so werden wie zuvor. Es war dann ziemlich wichtig, als ich gespürt hab, es geht wieder.

Was heißt das, es geht wieder? Wann könnten Sie sich wieder ins Tor stellen?
GUSTAFSSON (ist erstaunt): Theoretisch jetzt. Sofort.

Dass Ihnen künftig bei kritischen Situationen die letzte Konsequenz fehlen könnte, diese Angst haben Sie gar nicht?
GUSTAFSSON: Nein, nicht wirklich. Wenn ich im Tor stehe, da läuft alles wie vorprogrammiert, völlig automatisch ab.

Was haben Sie von dem Burschen, der Sie verletzt hat, bisher gehört?
GUSTAFSSON: Lukas (LASK-Stürmer Lukas Kragl, Anm.) hat mir unmittelbar danach einige SMS geschrieben. Als Salzburg wieder gegen den LASK gespielt hat, haben wir uns dann zum ersten Mal gesehen. Aber er hat nicht wirklich viel gesagt.

Und Sie? Was haben Sie zu ihm gesagt?
GUSTAFSSON: Meine Güte, was hätte ich schon Großartiges sagen sollen? Ich habe ihm gesagt, dass er sich keine Gedanken mehr machen muss, dass er wieder auf seine eigene Karriere schauen soll. Er ist doch noch so jung. Und ich möchte ihm hier wirklich nichts unterstellen. Ich mache ihm auch überhaupt keinen Vorwurf mehr.

Derartige Zwischenfälle werden sehr schnell kriminalisiert. Eine Salzburger Zeitung hat damals vehement gefordert, Lukas Kragl vor Gericht zu stellen.
GUSTAFSSON (etwas erstaunt): Ach so, haben sie das wirklich? Ich wollte das jedenfalls nie. Ich habe überhaupt nie an so etwas gedacht, das müssen Sie mir unbedingt glauben.

Wie sehen Sie die Situation von Salzburg derzeit? Warum läuft es so unrund?
GUSTAFSSON: Wenn wir das wüssten. Aber wichtige Leute haben die Mannschaft verlassen, wir haben sehr viele neue Leute. Es ist viel passiert in Salzburg. Ich denke, das ist der Hauptgrund. Es dauert einfach noch, bis wir wieder den Rhythmus finden.

Trainer Huub Stevens steht aber auch schon immer mehr in der Kritik, oder?
GUSTAFSSON: Vielleicht in eurer Kritik, in jener der Zeitungen. Huub Stevens ist eine sehr starke Persönlichkeit. Er hat einen Plan und er bleibt bei seinem Plan. Er muss wissen, was er tut. Und uns Spielern muss dabei klar sein, dass es nicht immer nur geradeaus gehen kann.

Also wird Salzburg auch heuer wieder Meister?
GUSTAFSSON (lacht auf): Ja, sicher sogar! Was haben Sie gedacht? Es ist auf jeden Fall unser Ziel. Etwas anderes kommt nicht in Frage. Und in die Champions League werden wir diesesmal auch kommen.