Was ist Wetten, auch für Sie: Spaß? Spiel? Beruf?

DIETMAR HOSCHER: Wetten ist Geschicklichkeit, so ist es rechtlich definiert.

Wenn aber der Spaß so richtig Ernst wird und der Boden der Legalität verlassen wird?

HOSCHER: Ich würde einmal sagen, bis auf den Hoyzer-Skandal vor sechs Jahren (als einem deutschen Schiedsrichter Betrug nachgewiesen wurde, Anm.) ist mir nichts bekannt.

Es gibt aber nicht nur den Hoyzer-Skandal. Der Prozess in Bochum soll ja angeblich noch weit mehr aufdecken.

HOSCHER: Das entscheidende Wort haben Sie gesagt: angeblich. Ich kann mich nur darauf stützen, was an Fakten abgearbeitet ist. Nehmen wir das 0:7 von Salzburg gegen Rapid. Da kamen Monate später Vorwürfe, die Staatsanwaltschaften haben dann auch ermittelt. Aber es ist nichts herausgekommen. Es ist eine natürliche Reaktion: Immer, wenn ein Spiel nicht so ausgeht, wie man es sich vorstellt, schreit man: Schiebung. Jedes unerwartete Ergebnis hat eine schiefe Optik.

Würden Sie also darauf wetten, dass alles in Ordnung ist?

HOSCHER: Kommt drauf an, bei wem. Unser Monitoring-System lässt keine Manipulationen zu.

Keine Bedenken?

HOSCHER: Sport ist ein Teil der Gesellschaft. Wenn ich mir auch in Österreich die Diskussionen der vergangenen Monate um Korruption anschaue, dann steht nicht der Sport im Vordergrund. Das hat alle Bereiche betroffen, das ist - leider - nichts Unübliches. In der Gesellschaft wird es immer so sein, dass es Leute gibt, die in eine Lücke hineinstoßen, wenn sie sich bietet. Die Frage ist, was tut man dagegen?

Also: Was tut man dagegen?

HOSCHER: Es hat eine Sensibilisierung gegeben, das ist keine Frage. Ich habe als Wett-Anbieter schon die Möglichkeit, Sicherungsmechanismen einzuziehen und mittels Frühwarnsystem Konsequenzen einzuleiten. Wir haben eines mit Bundesliga und ÖFB und den Buchmachern installiert. Gibt es Unregelmäßigkeiten, wird sofort geprüft, bestätigt sich ein Verdacht, ergeht Meldung an ÖFB und Liga, der betroffene Verein, die Schiedsrichter und die Beobachter werden sofort informiert. Das hat eine sehr hohe Präventiv-Wirkung. Seit wir dieses System haben, ist uns bei tipp3 keine einzige Auffälligkeit bekannt geworden.

Wie kann man sich das vorstellen?

HOSCHER: Vorab: Die Geschädigten bei einer Wett-Manipulation sind die Wett-Anbieter. Wir müssen ja auszahlen. Und unser Geschäft ist die Quote. Wir stehen in einer weltweiten Konkurrenz, müssen jede Sekunde reagieren, ständig überwachen. Das ist sehr aufwendig. Wir haben allein im Recherche-Bereich zwölf Leute angestellt, einen Drei-Schicht-Betrieb, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

Und doch sagen Sie, dass es in unserer Gesellschaft immer Betrug geben wird. Muss man sich damit abfinden?

HOSCHER: Nein. Abfinden darf man sich nie, auch akzeptieren nicht. Man muss immer versuchen zu reagieren. Agieren ist schwer, weil der, der ein System ausnutzen will, immer einen Schritt voraus ist. Die Sensibilisierung ist deutlich höher als noch vor fünf, sechs Jahren. Aber man darf sich nicht der Blauäugigkeit hingeben, dass alles gut ist. Denn dann hätten wir ja die perfekte Welt. Und die gibt es nicht - leider.

Muss man Wetten regulieren?

HOSCHER: Ich halte nichts davon, Sportwetten zu diskriminieren oder zu verbieten, weil wetten werden die Leute ohnehin immer. Gemeinsam zu sagen, auf diese und jene Art der Wetten - Live-Wetten auf den nächsten Einwurf, die Länge der Nachspielzeit oder Ähnliches - verzichten wir, halte ich für sinnvoll. Sollte das nicht wirken, weil Selbstregulierungen - und auf diese läuft es zurzeit in allen Gesprächen hinaus - zum Teil nicht greifen, dann habe ich kein Problem, wenn das auf gesetzlicher Ebene geregelt wird.

Darf man als Wett-Anbieter eigentlich selbst wetten?

HOSCHER: Selbstverständlich, es ist ja Geschicklichkeit.

Wetten Sie?

HOSCHER: Selbstverständlich. Aber ich gebe zu, mich als Rapid-Fan öfters von meinem grün-weißen Emotionen leiten zu lassen. Insofern bin ich absolut unverdächtig.