Beinahe täglich wird der Wettskandal rund um die Causa Dominique Taboga mit neuen Details gefüttert - der heimische Fußball gerät immer tiefer in einen Sumpf aus Lügen und Betrug. Noch gibt es aber viele offene Fragen. Die Kleine Zeitung hat sich mit Profi-Wetter und Insider Thomas K.* getroffen, der ein äußerst ernüchterndes Bild über Spielmanipulationen in Österreich zeichnet.

Der Wettskandal hat das ganze Land in seinen Grundfesten erschüttert - welche Rolle spielt Österreich diesbezüglich auf internationaler Ebene?

THOMAS: Eine nicht unbedeutende. Vor allem, weil die Spieler so wenig verdienen. In der Ersten Liga gibt es teils nur 1500 Euro Fixum - da ist es leicht, jemanden für eine Manipulation zu gewinnen. Außerdem ist der Spieltermin der Ersten Liga mit Freitag 18.30 Uhr günstig, weil zur selben Zeit kaum andere Ligen spielen.

Derzeit ist in Österreich von 17 verschobenen Partien und 30 verdächtigten Spielern die Rede.

THOMAS: Ja, weil das die Spiele der albanischen Tätergruppe waren. Aber es gibt ja auch Tätergruppen aus Slowenien, Kroatien, etc. Fest steht, dass im Schnitt pro Runde von den zehn Partien der Bundesliga und Ersten Liga ein Spiel geschoben ist. Wobei sich das zum Saisonende hin verstärkt, weil es da um nichts mehr geht und die Spieler eher bereit sind, etwas zu drehen.

Aber bei hohen Wetten gibt es doch ein Frühwarnsystem?

THOMAS: Das kann man vergessen. Gespielt wird nur noch live oder 15 Minuten vor Spielbeginn. Außerdem läuft das Meiste über den asiatischen Markt, weil es dort weit mehr Wettvarianten (siehe oben) gibt.

Welche war die größte Manipulation, von der Sie wissen?

THOMAS: Das war eine Sonderwette bei einem Länderspiel - aber ohne österreichische Beteiligung. Da wurden 300.000 Euro darauf gesetzt, wer den Ankick hat. Nur wusste keiner, dass die Kapitäne beider Mannschaften im selben Verein spielen. Die hatten das vorher abgesprochen. Als es dann zum Ankick kam, haben einige im Stadion lautstark gejubelt und keiner wusste warum.

Was braucht es, um ein Spiel manipulieren zu können?

THOMAS: Im Fußball ist es wichtig, dass du mindestens vier Spieler auf deiner Seite hast. Wenn da der Tormann nicht dabei ist, wird es ganz schwierig und steigert das Risiko. Aber man kann natürlich auch den Schiedsrichter schmieren, der spielentscheidend eingreifen kann. Oder auch den Trainer - er kann schlechte Spieler aufstellen oder wechselt sie nicht aus.

Und in anderen Sportarten?

THOMAS: Im Tennis ist es noch leichter, weil man nur einen bestechen muss. Heute kann man schon auf ITF-Turniere wetten - da sind Spieler, die im Jahr nur 5000 Euro Preisgeld verdienen und daher für Manipulationen zugänglich sind. Im Eishockey ist es hingegen kaum möglich, weil da müsste man schon die gesamte Mannschaft schmieren. In diesem Zusammenhang glaube ich übrigens nicht, dass wie allgemein vermutet, das einstige 0:7 der Salzburger gegen Rapid von den Salzburgern verschoben war. Die haben damals den Meistertitel verspielt - da müsste also die Meisterprämie niedriger gewesen sein, als das gebotene Geld für die Manipulation.

Welche Konsequenzen drohen, wenn man wissentlich auf ein manipuliertes Spiel wettet?

THOMAS: In Österreich kann man dafür gar nicht belangt werden. In Deutschland übrigens schon: Dort gibt es einen eigenen Paragrafen, der auch die Quotenmanipulation unter Strafe stellt. Ein Fußballer, der manipuliert, macht sich in jedem Fall strafbar, er schädigt ja seinen Arbeitgeber.

Die großen Geschädigten sind die Wettbüros, oder?

THOMAS: Das glaube ich nicht. Egal ob in Europa oder in Asien: die Wettanbieter verdienen mit den anderen Spielern. Es gibt genügend Leute, die ohne Insiderinfos 100.000 Euro setzen und verlieren. Dazu kommen viele kleine Wetten. Der Umsatz der Manipulation ist ein Minimum vom Gesamtumsatz. Ich habe auf alle Fälle noch nie gehört, dass ein Wettbüro aufgeschrien hätte.

Was passiert mit Spielern, die eine zugesagte Manipulation nicht einhalten?

THOMAS: Dass Spieler bedroht werden, so wie es jetzt zu hören war, ist mir nicht bekannt. Wenn eine Wette verloren geht, muss der Spieler das erhaltene Geld zurückgeben - und beim nächsten Mal muss er ein Spiel "gratis" verschieben. Aber ein Restrisiko bleibt für den Anstifter ohnehin immer.

* Name von der Redaktion geändert