Herr Rinner, was sind das für Menschen, die absichtlich Elfmeter verschießen oder vorsätzlich welche verursachen, um Spiele zu manipulieren?

Hans Rinner: Betrüger. Ganz klar Betrüger. Aber auf der anderen Seite zum Teil auch ganz arme Teufel. Menschen mit großen persönlichen Problemen, die häufig einfach keinen Ausweg mehr sehen. Oder eben einen vermeintlichen Ausweg zu entdecken glauben, der sich als Irrweg herausstellt. Und natürlich sind die persönlichen Probleme in den meisten, zumindest in sehr vielen Fällen finanzieller Natur.

Müsste man diesen Menschen nicht helfen, anstatt sie nur an den Pranger zu stellen?

Rinner: Bei den meisten, und so mit Sicherheit auch im aktuellen Fall des - inzwischen ehemaligen - Grödig-Vizekapitäns Dominique Taboga, wäre psychologische Betreuung sicher längst überfällig gewesen. Der muss völlig verzweifelt gewesen sein ob seiner persönlichen Lage.

Trägt da ein Verein nicht Mitschuld, wenn er das nicht erkennt?

Rinner: Wenn der Betroffene seine Lage zu verheimlichen weiß, trifft den Verein keine Schuld. Aber wenn man Wind von etwas bekommt, dann sollte man sich schon insofern mit der Sache auseinandersetzen, als man irgendwie zu helfen versucht.

Und wie kann man helfen?

Rinner: Beispielsweise kann man den Betroffenen zu überzeugen versuchen, dass er sich dringend behandeln lassen sollte.

Warum, glauben Sie, ist Taboga - wenngleich er zuerst Falschaussagen machte - ganz plötzlich zur Polizei gegangen?

Rinner: Das weiß ich nicht. Aber ich denke, dass es mit dem "Verein zur Wahrung der Integrität im Sport" zusammenhängen könnte. Der tritt unter der Marke "Play Fair Code" auf und seine Träger sind die Bundesliga, der ÖFB und das Sportministerium. Ich weiß etwa, dass Taboga noch im September bei einer Schulung mitgemacht hat, die dieser Verein allen Bundesligaklubs angeboten hat. Vielleicht war das für Taboga ein Auslöser, die Karten auf den Tisch zu legen.

Wie hoch ist der Imageverlust für den österreichischen Fußball im Zuge dieser Affäre?

Rinner: Jeder Einzelfall ist einer zu viel. Aber diese Einzelfälle machen den Fußball nicht kaputt.

Sie sagen Einzelfälle . . .

Rinner: Verglichen mit dem, was seinerzeit in Italien - Stichwort Juventus Turin - oder in Deutschland passiert ist, sind das Einzelfälle.

Sponsor der heimischen Liga ist der Wettanbieter "tipp3". Nun ist es so, dass der Umstand, dass man extrem viele Livewetten während laufender Spiele abgeben kann, kritisiert wird. Das würde dem Betrug Tür und Tor öffnen.

Rinner: Ich habe mich erkundigt und erfahren, dass Livewetten nur einen sehr kleinen Teil aller Wetten ausmachen. Wollte man wirklich etwas bewegen, müssten weltweit einheitliche Richtlinien her auf diesem Sektor. Aber das scheint nicht möglich, da der Markt in Asien und Osteuropa so stark ist und sich vermutlich nicht dreinreden lassen wird. Also werden Sportwetten wie auch Waffen- und Drogenhandel weiterhin ein globales Problem bleiben.

Aus dem es keinen Ausweg gibt?

Rinner: Was wir tun können: Wir können auf Prävention setzen. Der "Play Fair Code" ist sicherlich ein erster und sehr wichtiger Schritt. Und wenn doch etwas passiert, dann muss lückenlos aufgeklärt und in weiterer Folge drakonisch bestraft werden. Das dient dann hoffentlich der notwendigen Abschreckung. Man muss das Bewusstsein der Leute schärfen.