Herr Polster, wie sieht denn das neue Leben aus? Das Leben als Bundesligatrainer?

Toni Polster: Das klingt jetzt vielleicht ein bisserl paradox, aber es ist um einiges einfacher, einen Bundesligisten zu trainieren als einen Klub aus der Stadtliga. Bei der Wiener Viktoria war ich das Mädchen für alles, hier gibt es Spezialisten für jedes Gebiet. Und hier habe ich mit Profis zu tun und nicht mit Schülern oder arbeitenden Menschen, die oft nur unterschiedlich Zeit haben.

Und wie reizvoll ist die Aufgabe sportlich?

Polster: Sehr, weil uns, nachdem wir im Vorjahr erst in der allerletzten Runde dem Abstieg entronnen sind, viele als Abstiegskandidaten Nummer eins sehen. Und diese Leute wollen wir eines Besseren belehren. Ziel ist der Klassenerhalt, das Traumziel ein Platz im gesicherten Mittelfeld. Jetzt muss ich meinen Burschen allerdings noch die nötige Siegermentalität und Torgeilheit einimpfen.

Keine Angst vor dem Scheitern?

Polster: Nein. Auch keine Angst, mir einen Ruf zu ruinieren, den ich noch gar nicht habe. Noch gar nicht haben kann. Schließlich ist's ja mein Debüt ganz oben. Die Admira sieht sich, wie man weiß, als Ausbildungsverein. Das gilt aber nicht nur für die Spieler, das gilt auch für mich. Ich werde nach dem theoretischen Trainerkurs jetzt auch in der Bundesliga-Praxis ausgebildet. Und wenn mir gelingen sollte, was schon Didi Kühbauer mit Spielern wie Hosiner oder Sabitzer gelungen ist, nämlich sie so zu formen, dass man sie um gutes Geld verkaufen kann, wäre das auch ein persönlicher Erfolg. Wenn auch ein für die Mannschaft schmerzhafter.

Wie groß ist der Klassenunterschied zwischen einem Topteam aus der Stadtliga und einem als Abstiegskandidat gehandelten Klub aus der Bundesliga?

Polster: Nicht mehr so groß, wie er früher war. Bei der Viktoria zum Beispiel sind sicher vier, fünf Amateure dabei, die tauglich für den Profifußball wären, wenn sie die Möglichkeit und auch den Wunsch hätten, sich voll darauf zu konzentrieren.

Und was sagt es über unseren Fußball aus, wenn mit Pasching ein Verein aus der Regionalliga im Cup erst Rapid, dann Salzburg und im Finale auch noch die Austria besiegt?

Polster: Leider viel. Es spricht für Pasching, aber auch gegen die drei Großen. Und dass unsere Vereine allergrößte Mühe haben, sich für die Gruppenphase der Europa League zu qualifizieren, von der Champions League ganz zu schweigen, sagt auch alles über den Zustand und auch über den Stellenwert der Liga aus.

Und der Zustand des Nationalteams?

Polster: Der ist erfreulich, die Entwicklung lässt hoffen. Aber jetzt muss auch endlich mal etwas dabei herauskommen. Also eine Qualifikation. Wir waren zuletzt 1998 aus eigener Kraft und nicht als Veranstalter bei einem Großereignis dabei. In Wahrheit ist das erschreckend.

Als Marcel Koller zum Teamchef ernannt wurde, meldeten Sie zwar keine Zweifel an der Person des Schweizers an, kritisierten aber, dass es kein Österreicher wurde, obwohl es Ihrer Meinung nach taugliche Kandidaten für diesen Posten gegeben hätte . . .

Polster: Zu dieser Kritik stehe ich. Es hätte, ein so großer Fachmann Koller auch ist, ein Österreicher werden sollen.

Sie zum Beispiel?

Polster: Das wäre vermessen.

Was trauen Sie, der den 1. FC Köln aus der aktiven Zeit sehr gut kennt, Peter Stöger dort zu?

Polster: Den Aufstieg. So schwer es in Köln auch ist für die Trainer. Die ja auch nicht gerade selten wechseln. Speziell die Kölner Medien sind nicht zimperlich. Aber der Peter ist ein Fachmann, ein akribischer Arbeiter und als Mensch schwer in Ordnung. Wenn er sich durchsetzt in Köln, wäre das ganz allgemein ein sehr positives Signal, dann würde auch plötzlich anderen Trainern aus Österreich mehr Beachtung geschenkt.

Wie enttäuscht oder auch wie angfressen waren Sie, dass der Ruf aus der Bundesliga Sie nicht schon längst ereilte?

Polster: Ich dachte schon, dass es schneller und leichter gehen könnte. Wegen meiner Vorgeschichte. Aber vielleicht glauben viele immer noch, dass ich der High-Society-Kasperl bin, obwohl ich mich aus dieser sogenannten High Society seit nunmehr vier Jahren quasi komplett zurückgezogen habe. Und statt dessen einmal mit den LASK-Amateuren einmal und mit der Viktoria zwei Mal Meister geworden bin. Das ist eine Bilanz, die man vorweisen kann.

Warum haben Sie sich aus der Seitenblickegesellschaft zurückgezogen? Sie haben ja auch Ihre Auftritte als Sänger eingestellt.

Polster: Weil ich als Trainer wahrgenommen werden wollte.

Auch Ihr Privatleben ist nicht mehr ständig Thema.

Polster: Weil es auch nichts zu berichten gibt. Seit vier Jahren gibt es mit Birgit eine neue Frau in meinem Leben, die mich sehr unterstützt und mir den Rücken freihält, wo sie kann. Und meine Kinder Anton und Lisa-Maria, die mein ganzer Stolz sind, sind inzwischen 23 und 20 und fleißig am Studieren.

Sie debütieren in der Meisterschaft ausgerechnet auswärts bei Ihrem Herzensklub Austria.

Polster: Tja, das ist Ironie des Schicksals.

Und haben Sie es wirklich ernst gemeint, als Sie sagten, Sie hätten die Admira sogar der Austria vorgezogen, auch wenn es von der ein Angebot gegeben hätte?

Polster: Ja. Die Südstadt ist für meine Entwicklung als Trainer ideal.