Für Sturm Graz begann die neue Saison um 25 Minuten zu früh. Genau zu dem Zeitpunkt, als es galt, das Gelernte abzurufen, versagten die Nerven der Schwarz-Weißen. Wie bei Prüflingen, die vollgepumpt mit neuen Informationen in entscheidenden Momenten die falschen Antworten geben. Die Grazer wirkten überfordert, die Formationen griffen nicht ineinander, die Raute im Mittelfeld hing in der Luft, riss mehr Löcher auf, als sie zudeckte. Und die Innenverteidigung, sträflich im Stich gelassen von den Kollegen, war in den Duellen eins gegen eins zu langsam und unentschlossen.

Es ist noch nichts passiert. Die 0:2-Niederlage gegen den Meister ist kein großes Malheur. In einem Übergangsjahr, wo ein neues System durch einen neuen Trainer mit vielen neuen Spielern umgesetzt werden soll, muss "Geduld" ein großes Wort sein. Aber flotte Sprüche steigern die Erwartungshaltung und erhöhen den Druck auf die Mannschaft.

Früher waren Goalgetter Einzelkünstler, herausragende Selbstdarsteller, verliebt in die eigenen Qualitäten und gesehen haben sie nur das weiße Rechteck, das so wichtig war für das Ego und die Zufriedenheit des Umfeldes. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber durch den Wandel der Zeit kristallisiert sich eine neue Art von Torjägern heraus, die sich auf dem Spielfeld, innerhalb der Mannschaft und auch in Interviews völlig anders präsentiert.

Normalerweise geize ich mit dem Überfluss an Komplimenten für junge Neuankömmlinge. Aber Terrence Boyd, der amerikanische Legionär bei Rapid, hat mich schwer beeindruckt. Nicht nur wegen seiner großen Auftritte gegen Wacker Innsbruck, sondern vor allem auch durch seine sozialen Fähigkeiten. Sensationell, wie kraftvoll und dynamisch er darum kämpft, die Pässe der Mitspieler zu erreichen, wie uneigennützig er den Ball vor dem gegnerischen Tor abspielt, um den besser postierten Kollegen das Tor erzielen zu lassen, und wie er in Interviews danach betont, dass er nur durch die Qualität seiner Mitspieler die Tore schießen konnte. Unglaublich intelligent und sympathisch. Wohl wissend, dass er als zentrale Spitze den schwierigsten Job zu erledigen hat, lässt er alle anderen mitleben.

Der Leidensweg der Wiener Neustädter hat begonnen. Die Expedition "Klassenerhalt" erhielt gleich in der ersten Runde einen argen Dämpfer. Dabei spielte Heimo Pfeifenbergers Team brav mit, nur vor dem Tor der Mattersburger war Endstation. Genau dort, wo sich die Niederösterreicher in der ersten Runde des Vorjahres durch einen 2:1-Sieg die optimale Starthilfe für den Überlebenskampf holten, kassierten sie eine unnötige Niederlage.

Lethargisch, unkonzentriert, fehleranfällig. War es das Europa-League-Spiel vom Donnerstag, das die kollektive Müdigkeit bei der Admira auslöste? Tatsache war, dass Ried die Europacup-Strapazen besser verkraftete, frischer und aggressiver zu Werke ging. Ex-Rapidler Gartler war es, der für die Tore sorgte und vielleicht in Zukunft beweisen wird, dass Ried ein großartiges Auffangbecken für vermeintlich gescheiterte Spieler ist.