Deutschland beweist Humor. "Wir ziehen die Schuhe aus und wissen nicht, warum. Ach wie sind wir dumm, ach wie sind wir dumm", singt ein Grüppchen deutscher Fans nach dem 2:1-Sieg ihrer Mannschaft über Dänemark im Bus von der EM-Arena Lwiw zurück in die Stadt. Die Schuhe haben sie tatsächlich ausgezogen und klatschen sie über dem Kopf gegeneinander. Es ist fast 1.00 Uhr Ortszeit, als das hoffnungslos überladene Gefährt das Zentrum erreicht. Die Klimaanlage funktioniert nicht, das von den DFB-Fans ausgegebene Kommando "Transpiration unverzüglich einstellen" ist nicht mehr als ein frommer Wunsch. Der Schweiß der Fahrgäste fließt in Strömen. Dabei hatten sie noch Glück und einen der ersten Shuttles ergattert. Viele der 30.000 Fans, die zum letzten Spiel der Gruppe B an den Stadtrand von Lwiw gepilgert waren, mussten in der unwirtlichen Mondlandschaft rund um das Stadion noch deutlich länger ausharren.

Schon auf der Hinfahrt hatten sich beim Abfahrtspunkt der Busse nahe des Schewtschenko-Platzes chaotische Szenen abgespielt. Tausende Fans wollten in die viel zu wenigen Busse. Soldaten versuchten, die Menge zu organisieren und konnten vermeiden, dass es zu gröberen Tumulten kam. Doch damit nicht genug: Die Shuttles durften nicht direkt zum Stadion fahren. Rund zwei Kilometer davor war Schluss, die vorhandenen Straßen durften scheinbar nur UEFA-Offizielle und ein paar Journalisten benutzen. Bei sengender Hitze schob sich eine endlose Fan-Karawane zu den Eingängen der Arena. Dass es im Stadion zu teilweise massiver Geruchsbelästigung kam, war angesichts dieser Umstände nur logisch. Vorwürfe konnte man den Sitznachbarn aufgrund der Anreisebedingungen keine machen.

Spießrutenlauf

Während sich die malerische ehemalige Habsburger-Stadt beim enormen Fan-Korso am Nachmittag im Zentrum einmal mehr von ihrer besten Seite zeigte, ist die Stadionsituation in Lemberg eine Tragödie, die nach der EM ihre Fortsetzung finden wird. Denn der lokale Klub, FK Karpaty, hat jüngst beschlossen, seine Heimspiele in der kommenden Saison nicht in der 225 Millionen Euro teuren Arena, sondern im alten, in den 60er-Jahren erbauten Ukrajina-Stadion auszutragen. Scheinbar will der Klub seinen Anhängern einen zweiwöchentlichen Spießrutenlauf, wie ihn deutsche, dänische und portugiesische Fans bei der EM auf sich nehmen mussten, ersparen. Ins EM-Stadion wird stattdessen der Ligakonkurrent FK Hoverla aus dem mehr als 300 Kilometer entfernten Uschgorod einziehen. Für dessen nicht so zahlreiche Fans sollten die Shuttlebusse reichen.