Herr Vanek, sehen Sie die Detroit Red Wings als Neuanfang oder eher als ein weiteres NHL-Kapitel?
THOMAS VANEK: Ich glaube, beides. Die vergangenen beiden Jahre waren durchwachsen, es ist ab und zu gut gelaufen, ab und zu nicht so gut. Am Ende freue ich mich, nach Detroit zu gehen. Ich glaube, der Stil, den die Mannschaft spielt, passt besser zu meinem eigenen Spiel.
Sie haben schon oft in Detroit gespielt. Welche Eindrücke haben Sie von der Stadt, die keinen guten Ruf genießt, und von der Arena, die wiederum eine großartige Reputation hat?
VANEK: Die Halle ist unglaublich. Es wird die letzte Saison in der Joe Louis Arena. Von daher glaube ich, dass die Atmosphäre besonders werden wird. Die Stadt hat in der Tat nicht den besten Ruf, ich glaube aber, sie wird immer besser. Ich bin Mitte August mit meiner Familie umgezogen, wir wohnen circa eine halbe Stunde entfernt von Detroit. Die Nachbarschaft ist wunderschön, die Schulen sind gut. Da passt eigentlich alles.
Sie haben drei Söhne. Welchen Einfluss hat Ihre Familie mittlerweile darauf, wo Sie spielen?
VANEK: Bevor ich in Detroit unterschrieben habe, habe ich mit einigen Kollegen gesprochen, die hier gespielt haben. Und da ging es darum, wie es sich dort wohnt, wie die Schulen sind. Das sind natürlich Fragen, die du dir nicht stellst, wenn du single bist oder noch keine Kinder hast.
Haben Sie eine Mietwohnung oder haben Sie gekauft? Oder, mit anderen Worten: Könnten Sie sich vorstellen, längerfristig in Detroit zu bleiben?
VANEK: Wir wohnen zur Miete. In der NHL ist es immer schwierig zu sagen, was passieren wird. Mein Ziel ist es, mein Spiel zu finden und mit Detroit Erfolg zu haben. Wenn das gelingt, würde ich auf alle Fälle gerne bleiben. Ich glaube, Detroit ist eine gute Station für mich, deshalb habe ich ja auch unterschrieben. Und hoffentlich wird auch meine Zukunft hier sein.
In der Vergangenheit hatten Sie aufgrund langjähriger Verträge immer Planungssicherheit, jetzt haben Sie nur für zwölf Monate unterschrieben. Ist das ein Zeichen, dass es auch für einen Thomas Vanek schwieriger wird, in der NHL Arbeit zu finden?
VANEK: Nein, ich glaube nicht. Ich hatte andere Angebote, auch über einen längeren Zeitraum. Aber ich wollte einfach nur einen Einjahresvertrag haben und mein Spiel wieder finden. Es war also mein Wunsch, kurzfristig zu unterschreiben – und nicht der der anderen Seite.
Wo sehen Sie sich in Ihrer Karriere – in der Zielkurve oder schon auf der Zielgeraden?
VANEK: Auf alle Fälle eher am Ende. Wenn man sich die neue NHL anschaut: Die wird immer jünger, vor allem aufgrund des Salary Caps, der Gehaltsobergrenze. Auf der anderen Seite glaube ich aber, dass ich noch gute drei, vier Jahre in mir habe.
Was können Sie den Red Wings bieten?
VANEK: Meine gesamte Karriere über war ich sehr gut, wenn ich vor dem Tor gespielt habe. In Minnesota war ich aber in den vergangenen zwei Jahren oft nicht dort positioniert. In den Gesprächen mit Detroit habe ich herausgehört, dass sie mich eher näher am Tor sehen. Es freut mich, dass sie mein Spiel kennen.
Warum hat es eigentlich in Minnesota, Ihrer US-Wahlheimat, nicht geklappt?
VANEK: Schwer zu sagen. Die Wild sind eine gute Mannschaft, haben natürlich gute Spieler. Ich kam in eine Mannschaft, in der Spieler gesetzt waren. Deshalb habe ich eben nie richtig vor dem Tor gespielt und wurde auch nicht im Powerplay eingesetzt, wo meine extremen Stärken liegen. Aber es gibt keine Ausreden. Die zwei Jahre waren gut, ich kann nichts Schlechtes über das Team sagen. Es hat halt einfach nicht gepasst.
Sie sind in der NHL ordentlich herumgekommen, haben in Buffalo, bei den New York Islanders, in Montreal und Minnesota gespielt. Welche Station war die schönste – sportlich und privat?
VANEK: Das muss man trennen. Meine besten Erinnerungen habe ich sicher an Buffalo. Dort sind wir in meinen ersten beiden Saisonen bis ins Conference Finale gekommen. Ähnlich wie Detroit hat Buffalo zwar nicht die schönste Innenstadt, aber rundherum ist es wunderschön, wir haben uns sehr wohl gefühlt. Vom puren Eishockey her war wahrscheinlich Montreal das Beste. Das war unglaublich: Die Halle war natürlich voll, auch die Bars in der Stadt. Die Atmosphäre ist fast wie im Fußball in Europa.
Sie sind 32 Jahre jung – wie bereiten Sie sich auf eine NHL-Saison vor – immer noch wie vor zehn Jahren oder eher „altersgerecht“?
VANEK: Mein Sommertraining ist jetzt besser, als es mit 25 Jahren war. Einfach weil sich alles weiterentwickelt hat. Ich trainiere mit einem Privattrainer, alles ist auf meinen Körper und mein Alter abgestimmt. Es macht mir immer noch Spaß, ein gutes Sommertraining zu haben.
Was sagen Sie zum klaren Scheitern des Nationalteams in der Olympiaqualifikation?
VANEK: Ich sage schon seit zehn Jahren, dass sich das österreichische Eishockey, die Philosophie, ändern muss. Man muss mehr in den Nachwuchs investieren, auf die Zukunft bauen. Die Liga muss sich ändern, man kann nicht zehn, zwölf oder 13 Ausländer pro Klub haben. Ich habe das immer wieder betont, habe versucht, zu helfen. Aber geändert hat sich nicht viel. Deswegen zerbreche ich mir darüber nicht mehr meinen Kopf.
Ihre drei Söhne könnten ja vielleicht die Zukunft sein, oder?
VANEK: Hoffentlich spielen die Golf oder irgendwas anderes – dann müssen wir nicht mehr jeden Tag in die Eishalle fahren.
Spielen alle drei auch wirklich Eishockey?
VANEK: Ja, und sie lieben es. Aber sie üben auch andere Sportarten aus. Als Vater habe ich den gleichen Ansatz, wie mein Vater ihn damals bei mir hatte: Solang du Spaß hast, spiel. Wenn es keinen Spaß mehr macht, dann hör auf.